Ekelküchen am Pranger - Stadt Trier veröffentlicht erste Namen

Trier · Zwei Trierer Restaurants haben es bislang auf die gesetzliche Schmuddelliste der Stadtverwaltung "geschafft". In beiden Betrieben haben Lebensmittelkontrolleure erhebliche Hygienemängel festgestellt. Ein dritter beanstandeter Betrieb wehrt sich gegen die Veröffentlichung auf der neuen Internetseite juristisch.

"Verehrte Gäste. Wir haben einen Wasserschaden im Leitungssystem. Deshalb schließen wir unsere Filiale für ca. zwei Wochen. Wir bitten um Ihr Verständnis." So erklärt ein Schnellrestaurant in der Fußgängerzone, warum die Fenster mit Packpapier abgeklebt und die Türen seit Tagen verschlossen sind.
Keinen Wasserschaden, dafür aber erhebliche hygienische Mängel hatten die städtischen Lebensmittelkontrolleure in dem Betrieb festgestellt und eine Grundreinigung angeordnet. "Betrieb in stark vernachlässigtem Hygienezustand. Inverkehrbringen von Lebensmitteln unter Missachtung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften", lautet die Zusammenfassung der Kontrolle auf der städtischen Internetseite trier.de/lebensmittelwarnung.

Seit dem 1. September müssen Kommunen Betriebe, in denen Lebensmittel verarbeitet werden, die aber erheblich gegen das Lebensmittelschutzgesetz verstoßen, inklusive Betriebsnamen, Adresse und Inhaber im Internet veröffentlichen (der TV berichtete). Als erheblich gelten dabei Fälle, die mit einer Geldbuße von voraussichtlich 350 Euro oder mehr geahndet werden.
"Stark vernachlässigt"


Außer dem Betrieb mit dem Wasserschaden hatten die Lebensmittelkontrolleure bislang eine zweite Gaststätte auf die Schmuddelliste gesetzt, ebenfalls ein Restaurant in der Innenstadt. "Geflügel, Fleisch, Fisch, Gemüse, Teigwaren. Inverkehrbringen von zum menschlichen Verzehr nicht geeigneten Lebensmitteln. Betrieb wiederholt in stark vernachlässigtem Hygienezustand", heißt es auf der Mängelliste. Eingestellt auf ihre Internetseite hatte die Stadtverwaltung dieses Kontrollergebnis am Mittwoch. Am Freitagnachmittag war der Eintrag allerdings schon wieder verschwunden. Warum, war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr von der Stadtverwaltung zu erfahren.

Ein dritter Betrieb hatte sich zuvor gegen die Veröffentlichung juristisch gewehrt - mit Erfolg. "Der Betriebsinhaber hat durch seinen Rechtsanwalt eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es uns verbietet, die Veröffentlichung vorzunehmen", erklärt Rathaus-Pressesprecher Ralf Frühauf. Mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob der Betriebsname tatsächlich nicht auf der Schmuddelliste erscheinen darf, rechnet die Stadt binnen der nächsten zwei Wochen.

Damit, dass sich Restaurants, Metzgereien, Supermärkte oder Cafés gegen das öffentliche Anprangern juristisch wehren würden, war zu rechnen. Zu viele Dinge sind noch ungeklärt, zum Beispiel, wann Einträge aus der Liste gelöscht werden. Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg etwa will das im Dreimonatsrhythmus tun, die Stadt Trier dagegen "nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall entscheiden".

Auch, dass die Höhe des Bußgeldes teilweise auf subjektiven Urteilen der Kontrolleure basiert, könnte betroffene Betriebe vor Gericht ziehen lassen. Dass Zahl und Häufigkeit der Kontrollen sich in Grenzen halten, und manche Betriebe nur alle drei Jahre überprüft werden, könnten Unternehmen obendrein als wettbewerbsverzerrend empfinden.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat am 7. November jedenfalls entschieden, dass ein bloßer Hygienemangel - wie etwa eine schmutzige Küche - für eine Betriebsnennung im Internet nicht ausreicht. Die Betriebsnennung sei lediglich im Rahmen von "Produktwarnungen" zulässig, wenn ein Betrieb etwa Lebensmittel verkauft, die konkret die Gesundheit gefährden.Meinung

Schwieriger Anfang
Wessen Küche total verdreckt ist, wer seinen Gästen verdorbenes Essen vorsetzt oder in seinem Kühlschrank Schimmelrasen züchtet, dessen Restaurant soll auf der Schmuddelliste genannt werden. Und zwar nicht mit dem Ziel, die Existenz der Möchtegern-Gastronomen zu gefährden. Sondern um Verbraucher aufzuklären, wofür sie ihr Geld ausgeben. Bei so vielen anderen Produkten gibt es so viel Transparenz - wo und aus welchem Material die Couch oder die neue Bluse hergestellt sind, wie viel Strom der neue Kühlschrank verbraucht, und so weiter. Im Restaurant gibt's keine Verbraucher-Info, da wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Information tut da gut - auch im Sinne derjenigen, die ihren Betrieb ordentlich führen und in Ausstattung und Personal investieren. Das neue Gesetz ist daher richtig, auch, wenn noch längst nicht alle Fragen geklärt sind. Wenn die schwierige Anlaufphase überwunden ist, wird es der Branche und den Kunden dienen. c.wolff@volksfreund.deExtra

Stadt Trier: Zahl der Lebensmittelkontrolleure: drei, ein weiterer in Ausbildung; Zahl der Betriebe im Kontrollgebiet: 1400; Kontrollhäufigkeit: richtet sich nach der Risikobewertung nach jeder Betriebskontrolle; Zahl der verhängten Bußgelder über 350 Euro seit 2007: 138. Landkreis Trier-Saarburg: Zahl der Lebensmittelkontrolleure: vier, zwei in Ausbildung; Zahl der Betriebe im Kontrollgebiet: 4000; Kontrollhäufigkeit: Richtet sich nach den Ergebnissen vorheriger Überprüfungen, variiert zwischen wenigen Tagen und maximal drei Jahren; Zahl der verhängten Bußgelder über 350 Euro seit 2007: 32; Seit der Gesetzesänderung noch keine Buße über 350 Euro angesetzt, daher auch noch keine Veröffentlichung im Internet. woc

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