Eltern auf Zeit geben Liebe

Trier · Vernachlässigte Kinder finden in einer Pflegefamilie den Schutz, den ihnen die leiblichen Eltern nicht bieten können. Das Trierer Jugendamt sucht nach entsprechenden Familien (siehe Extra). Der TV hat Familie Sommer (Namen von der Redaktion geändert) getroffen, die drei Pflegekindern ein Zuhause gibt.

Trier. Peter und Claudia Sommer haben sich schon immer mehrere Kinder gewünscht. Als ihre beiden leiblichen Töchter neun und 16 Jahre alt waren, beschäftigte sie die Frage nach weiterem Nachwuchs.
Dabei dachte das Ehepaar auch über die Möglichkeit nach, fremden Kindern ein Zuhause zu geben. Vor elf Jahren entschieden sich die Sommers zum ersten Mal, ein Pflegekind in ihrer Familie aufzunehmen.
Isabell kam mit viereinhalb Jahren zu den Sommers. Die erste Aufgabe der Pflegeeltern war es, dem Kind ein sicheres Zuhause zu bieten, in dem es zur Ruhe kommen kann. Es brauchte zunächst die Zuwendung, die die leiblichen Eltern nicht geben konnten: Vertrauen, Liebe und Geborgenheit. "Das Wichtigste ist, die Kinder einfach nur liebzuhaben", sagt Claudia Sommer. Zur Aufarbeitung der tiefsitzenden seelischen Verletzungen sind auch therapeutische Maßnahmen nötig.
Sechs Jahre später wollte Familie Sommer erneut helfen: Sie nahm Sophie auf. Die Dreijährige lag damals in ihrer Entwicklung weit zurück, leidet unter ADHS und befindet sich heute in einer Traumatherapie. Die Situation stellt an die Familie hohe Anforderungen, mit denen sie allerdings nicht alleingelassen wird. Das Jugendamt leistet in allen Fragen Hilfestellung und bespricht mit der Pflegefamilie die Geschichte des Kinds. Zudem finden regelmäßig Treffen mit anderen Pflegeeltern zum Erfahrungsaustausch statt.
Doch die Aufnahme eines Pflegekinds ist keine leichtfertige Entscheidung. Paare müssen sich informieren und damit auseinandersetzen, was dieser Schritt bedeutet. "Man muss sich intensiv von vornherein mit dem Thema beschäftigen", erklärt Peter Sommer. Beim Pflegekinderdienst des Jugendamts werden Bewerber geprüft und in Seminaren auf ihre künftige Rolle vorbereitet.
Bei der Unterbringung in einer Pflegefamilie sei das wichtigste Kriterium, dass das Kind mit seinen jeweiligen Bedürfnissen in den Rahmen der Familie passe. Dabei hänge es immer von der Situation ab, ob ein Kind in Dauerpflege bleibe oder nicht. Falls es den leiblichen Eltern nach einiger Zeit wieder bessergehe, sei eine Rückkehr zu ihnen nicht ausgeschlossen. Auch in der Pflegefamilie haben die Kinder in der Regel Kontakt zu ihren leiblichen Eltern. "Sie sind ja da und gehören mit zum Leben der Kinder", sagt Claudia Sommer.
Auch Familie Sommer hat schon eine Rückführung erlebt. Pflegesohn David kehrte nach zweieinhalb Jahren zu seiner Mutter zurück. Für alle Beteiligten war dies ein schwieriger Prozess, bei dem die Familie eng zusammenhalten musste. Doch noch heute stehen die Sommers mit David in Kontakt und telefonieren regelmäßig mit ihm.
Vor drei Jahren ist das jüngste Pflegekind Felix zur Familie gestoßen. Mit erst sechs Wochen kam es damals in Bereitschaftspflege, bleibt aber jetzt auf Dauer.
Der Alltag der Familie gestaltet sich heute wie in jeder anderen auch. Die Kinder gehen in die Schule oder in den Kindergarten und leben als Geschwister zusammen. Dabei machen auch die Eltern keinen Unterschied zwischen ihren Pflege- und leiblichen Kindern. Claudia Sommer erklärt: "Es sind keine fremden Kinder - es werden die eigenen."
Extra

Der Pflegekinderdienst des Jugendamts Trier sucht immer nach neuen Pflegeeltern. Interessierte Paare können sich hier informieren und werden auf ihre Eignung geprüft. Das Jugendamt bietet allen Pflegefamilien eine umfangreiche Betreuung und veranstaltet Seminare zur Vorbereitung und Weiterbildung. Ansprechpartner in Trier, Bollwerkstraße 6: Ingeborg Schöndorf, Telefon 0651/718-2516, Peter Schuck, 0651/718-2517, Udo Moske, 0651/718-3502. maf

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