Eltern entlastet, Kommunen belastet - Seit fünf Jahren ist der Kita-Besuch beitragsfrei

Trier/Trier-Saarburg · Seit August 2010 ist der Besuch des Kindergartens in Rheinland-Pfalz ab dem zweiten Lebensjahr beitragsfrei. Die Landesregierung setzte damit bundesweit Maßstäbe und entlastete Tausende Familien. Doch Städte wie Trier und auch der Landkreis Trier-Saarburg bleiben bis heute auf einem Teil der Kosten sitzen.

Trier/Trier-Saarburg. Der Kindergartenbesuch in Rheinland-Pfalz ist generell beitragsfrei - jedenfalls für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr. Für Kinder, die jünger sind und einen Kindergarten oder eine Krippe besuchen sowie für Kinder, die einen Hort besuchen, müssen die Eltern aber nach wie vor Beiträge bezahlen. Die Erhöhung der entsprechenden Beiträge sorgte in diesem Jahr für Aufregung in vielen Trie-rer Haushalten. Verständlich, vervielfachten sich doch für etliche Eltern die Kosten für die Betreuung ihrer Kinder. Auf Druck des Stadtrats will die Verwaltung die Regelung nun so überarbeiten, dass Familien mit zwei und mehr Kindern wieder etwas entlastet werden (der TV berichtete mehrfach).
Bei der Stadt begründete man die massive Steigerung der Gebühren mit einer Bestimmung des rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetzes. Dort heißt es, dass die Elternbeiträge so "zu bemessen" seien, "dass sie bis zu 17,5 von Hundert der Personalkosten der Kindergärten im Bezirk des Jugendamts" decken. Bislang lag der Deckungsgrad für Hort- und Krippenplätze in Trier nur bei rund neun Prozent.
Während Eltern für Krippenplätze bei Kleinkindern und für Hortbetreuung noch zahlen müssen, sind Kindergarten- und Krippenplätze für Kinder zwischen zwei und sechs Jahren beitragsfrei. 2007 beschloss das die damalige SPD-Alleinregierung. Als im August 2013 die letzte Etappe der stufenweisen Einführung der Beitragsfreiheit in Kraft trat, sprach das Ministerium von einer "eindeutigen Entlastung von Eltern um durchschnittlich rund 800 Euro pro Kindergartenjahr". Tatsächlich wurden viele Familien entlastet, doch geschah dies auch auf Kosten der Kommunen. Denn die vom Land im Gegenzug gezahlten Erstattungsbeiträge decken meist nicht die Mindereinnahmen, welche die Städte infolge der Beitragsfreiheit verzeichneten. Eltern wurden also entlastet - die Kommunen, und damit letztlich alle Steuerzahler - bleiben aber auf den Kosten sitzen.
Die Lage in Trier: Rund 22,4 Millionen Euro an Personalkosten fielen 2013 in sämtlichen Trie rer Kindergartengruppen an. Für jeden Teilzeitplatz überweist das Land aktuell einen Erstattungsbeitrag von 52,14 Euro, für einen Ganztagsplatz gibt es 79,50 Euro. Laut Gesetz wurden für die Abrechnung der ausgefallenen Elternbeiträge die durchschnittlichen Beiträge je Teilzeit- und Ganztagsplatz im Jahr 2006 zugrunde gelegt. "Da die Stadt nach 2006 die Elternbeiträge nicht angehoben hat, wurden die Erstattungsleistungen um 1,5 Prozent aufgestockt. Zudem wurden die Erstattungsleistungen zum 1. September 2008 um ein Prozent angehoben", erläutert das Rathaus auf Anfrage. Seither habe es jedoch keine Anpassung mehr gegeben. Konsequenz: Die Lücke zwischen dem, was die Stadt tatsächlich für die kostenfreie Betreuung zahlt und dem, was sie dafür vom Land erstattet bekam, wurde immer größer.
Eine Anpassung an die Tarifentwicklung sei derzeit für Trier "in Vorbereitung", heißt es aus der Verwaltung. Doch in welchem Umfang diese zu einer besseren Kostendeckung führen wird, sei "noch nicht kalkulierbar". Bislang jedenfalls wird das Land dem im Gesetz formulierten Ziel von 17,5 Prozent nicht gerecht: "Die Beitragserstattung des Landes hat im Jahr 2013 rund 11,3 Prozent der Personalkosten in Kindergärten in Trier gedeckt." Die Zielquote sei allerdings "bereits 2006 nicht vollumfänglich erreicht" worden, ergänzt das Rathaus. Wie hoch die Summe der Mehrbelastung für die Stadt infolge der Beitragsfreiheit ist, vermag man am Augustinerhof nicht zu beziffern.
Die Lage im Kreis Trier-Saarburg: Konkretere Zahlen liefert da der Landkreis Trier-Saarburg. Demnach deckten die Erstattungsbeiträge bei weitem nicht den Einnahmeausfall, der sich aus der Beitragsfreiheit ergab. "Es fehlen in 2013 rund 416 000 Euro", beziffert die Kreisverwaltung und fährt fort: "Der errechnete Anspruch wegen tariflicher Steigerungen der Erstattungsleistungen für ausgefallene Elternbeiträge für die Jahre 2009 bis 2013 für Trier-Saarburg beläuft sich auf zusammen rund 1,08 Millionen Euro." Seit Jahren gebe es Verhandlungen zwischen dem Land und den kommunalen Spitzenverbänden, seit Anfang des Jahres liege dem Kreis auch eine Mitteilung über eine rückwirkende tarifliche Anpassung für den Zeitraum 2009 bis 2013 vor. Doch bis heute sei keine Nachberechnung mit dem Jugendamt erfolgt. "Mit rechtmäßigem Handeln gegenüber den Kommunen hat das aus Sicht des Kreises nichts zu tun", kritisiert die Kreisverwaltung.
Im Trierer Rathaus versichert man unterdessen: Mit den umstrittenen Erhöhungen der Krippen- und Hortbeiträge habe das alles nichts zu tun. Das Jugendamt betont, "dass die Neuordnung der einkommensabhängigen Elternbeiträge in Krippen und Horten nicht zu einer Kompensation der nicht auskömmlichen Deckung durch die Beitragserstattung des Landes für Kindergartenplätze führen soll." Die neuen Beiträge seien "explizit auf die Personalkosten ausschließlich in Krippen und Horten ausgerichtet."Extra

2010 zählte Trier 549 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, im vergangenen Jahr umfasste das Angebot bereits 823 Krippenplätze. Während die Zahl der Kita-Plätze für Drei- bis Sechsjährige zwischen 2010 und 2014 von 3196 auf 3134 sank, gibt es heute mehr Hortplätze: Hier stieg die Zahl um 25 auf nunmehr 536. Im Kreis Trier-Saarburg stieg im selben Zeitraum die Zahl der Ganztagsplätze in Kitas von 2368 auf 3807. Deutlich zurück ging hingegen das Angebot bei den Teilzeitplätzen: von 3339 in 2010 auf 2187 in diesem Jahr. Gleichzeitig weitete der Kreis das Angebot an Krippenplätzen für unter Zweijährige massiv aus: Hier gab es eine Steigerung von 280 auf 832. Laut Kreisverwaltung gibt es in Trier-Saarburg aktuell 75 Hortplätze. mstExtra

Koblenz erhält geringere Erstattungsbeiträge als Trier. Laut einem Sprecher der Stadt überweist das Land je Ganztagsplatz 71,93 Euro, für einen Teilzeitplatz fließen 46,11 Euro. Allerdings liegt der Anteil der Personalkosten, der durch die Erstattungsbeiträge gedeckt wird, bei fast 13 Prozent und damit höher als in Trier. In Kaiserslautern betragen die Erstattungsbeiträge des Landes 51,66 Euro (Teilzeitplatz) und 76,33 Euro (Ganztagsplatz). In der Landeshauptstadt Mainz lag der Erstattungsbeitrag für Teilzeitplätze 2013 bei 65,12 Euro und für Ganztagsplätze bei 112,05 Euro, also deutlich höher als in Koblenz, Kaiserslautern, Trier und dem Kreis Trier-Saarburg. Aktuellere Zahlen lägen noch nicht vor, erklärte eine Sprecherin der Stadt Mainz. mst

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