Eltern klagen über höhere Beiträge - Diskussion über Gebühren für Krippen- und Hortplätze dauert an

Trier · Ist die Erhöhung der Elternbeiträge für Hort- und Krippenplätze in Trier verhältnismäßig? Etliche Mütter und Väter hegen Zweifel daran und halten an ihrer Kritik an Rat und Verwaltung fest. Eine Soziologin warnt gar vor einem "familienpolitischen Fiasko". Doch nicht wenige Betroffene sehen auch die Landesregierung in der Pflicht und stellen die Beitragsfreiheit ab dem zweiten Lebensjahr infrage.

Trier. Er arbeitet in Luxemburg, sie als Ärztin in einem Trierer Krankenhaus. Die Familie zahlt den höchsten Kita-Beitrag, "und das ist auch völlig in Ordnung", sagt Daniel Heiduczek. Der 37-Jährige weiß, dass er aus einer schwierigen Position heraus argumentiert: "Jammern auf hohem Niveau" - dieser Vorwurf könnte, wenn auch unausgesprochen, rasch im Raum stehen. Ums Jammern gehe es ihm aber nicht, betont Heiduczek, er frage sich vielmehr: "Was will man damit erreichen?"

Mit "damit" meint er die Erhöhung der Elternbeiträge für Hort- und Krippenplätze in Trier, die zum Januar in Kraft trat und vielen Familien zum Teil erhebliche Mehrbelastungen bescherte. Die Stadt will damit erreichen, dass ein höherer Anteil der Personalkosten künftig über die Elternbeiträge gedeckt wird. Vor allem der Wegfall des Geschwisterbonus schlägt bei etlichen Betroffenen stark zu Buche. Auch bei den Heiduczeks, die drei Kinder und ein Haus haben, das sie noch abbezahlen müssen. Natürlich werde man das "irgendwie stemmen", sagt der Familienvater, doch dass auch Menschen wie er und seine Frau plötzlich vor Probleme gestellt würden, will er noch sagen dürfen.Regelung in der Kritik


Drei Jahre hatte Heiduczek eine halbe Stelle, "dankenswerterweise, aber zähneknirschend" habe sein Chef sich darauf eingelassen. Aber es gebe auch Berufe, bei denen eine Verkürzung der Arbeitszeit fast unmöglich sei, sagt er und verweist auf die Personalnot in Kliniken.

Seit der Neufestsetzung der Elternbeiträge ist auch eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit mancher Regelungen im Gange. Heiduczek fragt: "Weshalb nicht über den gesamten Zeitraum der Betreuung moderate Beiträge erheben, anstatt ab dem zweiten Lebensjahr Beitragsfreiheit zu haben und ab der Grundschule Geld für den Hort zu verlangen?" Ähnlich äußert sich Christina Schäfer: Zwei ihrer drei Jungs besuchen den privaten Waldorfkindergarten, von der Beitragserhöhung ist sie nicht betroffen. Doch zahlt die Familie für den kompletten Zeitraum der Betreuung. "Aber wir erhalten ja auch eine Leistung und wollen, dass unsere Kinder von guten Erzieherinnen betreut werden. Ich denke, hierfür können wir als Eltern im Rahmen unserer Möglichkeiten dann auch etwas beitragen."

Nicole Zillien und ihr Mann zahlen für ihre beiden Töchter den Höchstsatz. "Ohne Frage gehören wir nicht zu den Härtefällen. Eine Gebührenerhöhung ist generell auch okay und die soziale Staffelung ein absolutes Muss", sagt sie. Doch im Vergleich zur alten Gebührenordnung müsse ihre Familie für beide Kinder insgesamt statt mit rund 16 600 nun mit 36 700 Euro für den kompletten Betreuungszeitraum von jeweils vier Jahren kalkulieren.

Nicole Zillien ist überzeugt, dass die Wiedereinführung des Geschwisterbonus die Wucht der Mehrbelastung bei vielen Familien abmildern könnte. "Am ehrlichsten wäre es aber, die anteilige Deckung der Personalkosten mit einer sozial gestaffelten und durchgehenden Gebühr für Krippe, Kindergarten und Hort zu decken. Auch für die Kindergartenjahre wären sicherlich viele Einkommensstärkere bereit, eine angemessene Gebühr zu zahlen, und Einkommensschwächere könnten nach wie vor beitragsfrei bleiben." Die Soziologin warnt davor, dass Frauen, die in Teilzeit arbeiten, ihren Job aufgeben könnten, weil sich die Beschäftigung nach Abzug der Elternbeiträge finanziell kaum mehr lohne. "Das wäre dann ein frauenpolitisches Fiasko."

Eine Mutter, die namentlich ungenannt bleiben möchte, berichtet, dass sie für die Betreuung ihrer drei Kinder 1000 statt 300 Euro hätte berappen müssen. Ende März erhielt sie ihren Bescheid und sollte 1500 Euro nachzahlen. Diesen Betrag stottert sie über fünf Monate ab - zusätzlich zum höheren Elternbeitrag. "Mit drei Kindern blutet man richtig", sagt sie, und dass sie eines ihrer Kinder abgemeldet habe. Dessen Betreuung organisiere sie jetzt über Freunde und Familie. So würden "die wirklich positiven Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich Beruf und Familie wieder zunichte gemacht", beklagt die berufstätige Mutter.Extra

Die Anhebung der einkommensabhängigen Elternbeiträge sei erforderlich, da das Kita-Gesetz Rheinland-Pfalz "eine Abdeckung von bis zu 17,5 Prozent der Personalkosten durch die Elternbeiträge vorsieht", erklärt die Stadt. Die Elternbeiträge seien "so zu bemessen, dass sie bis zu 17,5 Prozent von der Höhe der Personalkosten der Kindergärten im Bezirk des Jugendamts decken", heißt es ebenso im Gesetzestext. Bislang lag die Abdeckung bei rund 9 Prozent. Mit der Anpassung will man sich dem gewünschten Wert nähern, doch die Rechnung könnte eventuell nicht ganz aufgehen. Denn sollten vor allem Familien mit höheren Einkommen und hohen Gebührensätzen ihre Kinder aus der Betreuung nehmen, dürften die Mehrausgaben geringer ausfallen als erhofft. Was die Abschaffung des Geschwisterbonus anbelangt, verweist die Stadt darauf, dass die Anzahl der Kinder in der Einkommensstaffelung berücksichtig werde. So zahle eine Familie mit zwei Elternteilen und einem Kind den Höchstbeitrag ab einem Nettoeinkommen von 4131 Euro, eine Familie mit drei Kindern zahle den Höchstsatz pro Kind hingegen erst ab einem Nettoeinkommen von 6154 Euro. mstExtra

Die große Abmeldewelle von Kindern aus Horten und Krippen scheint ausgeblieben. So erklärte die zum Bistum gehörende Kita gGmbH Trier auf Anfrage: "Kündigungen aufgrund von Beitragserhöhungen gab es nach unseren Informationen nicht." Die Kita gGmbH ist Trägerin von 21 Trierer Kitas. In 14 hält sie insgesamt 148 Krippenplätze bereit, in zwei Einrichtungen 35 Hortplätze. In anderen Kitas gab es vereinzelt Abmeldungen. Vielen Betroffenen dürften allerdings schlicht Zeit und Alternativen fehlen, um die Betreuung ihrer Kinder anders zu organisieren. mst

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