Empörung und ein leerer Stuhl

Rund 150 Bürger waren am Dienstagabend zum TV-Forum über das Gedenken an die "Dritten Reich" verfolgten und ermordeten Juden der Stadt Traben-Trarbach gekommen. Die angeregte Diskussion fand ohne die Stadtbürgermeisterin Heide Pönnighaus und die Vertreter der Stadtratsfraktionen statt.

Was sich am Dienstagabend in der Lorettahalle ereignet hat, ist kaum zu fassen. Bürgermeisterin und Stadtrat flüchten vor den Bürgern. Sie verweigern die Diskussion, obwohl sie aufgrund der gesammelten Unterschriften und der Zahl der Bürger, die zum TV-Forum gekommen waren, wissen mussten, dass das Thema die Menschen bewegt und eine große Zahl der Traben-Trarbacher das bisherige Vorgehen im Zusammenhang mit der Gedenktafel für die Opfer des Nationalsozialismus' für falsch hält. Eine Entschuldigung hatte niemand erwartet, dafür gab es auch keinen Anlass, denn über die Tatsache, dass den Nazi-Opfern gedacht werden soll, gibt es keinen Dissenz. Es geht um die Form, wie dies geschehen soll, welcher Ort und Rahmen würdig sind. Genau darüber wollten die Bürger diskutieren. Durch die Diskussionsverweigerung wurde auf peinliche Weise eine Chance vertan - mehr noch: Die politisch Verantwortlichen haben die Bürger mit diesem Akt, der nach einer unguten Mischung aus Sturheit und Arroganz schmeckt, endgültig gegen sich aufgebracht. Presseschelte - nach dem Motto: Wenn niemand berichtet hätte, wäre alles gut - kann das Problem nicht lösen. Den Überbringer schlechter Nachrichten zum "Schuldigen" zu erklären, ist zwar politisch en vogue, kann aber Fingerspitzengefühl und Offenheit nicht ersetzen. Und genau diese Eigenschaften sind nach dem Eklat vom Dienstag mehr gefragt denn je. Auch wenn es Bürgermeisterin und Stadtrat anders sehen mögen: Es gibt ein Problem, das gelöst werden muss. Beide Seiten müssen aufeinander zugehen. Es ist egal, wer den ersten Schritt macht. Das TV-Forum wäre der richtige Ort gewesen, Lösungsansätze zu finden. l.ross@volksfreund.deMeinung Flucht vor dem Bürger

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