Ende einer 135-jährigen Tradition

Nach der dritten Generation ist Schluss: Am Samstag schließen Franz-Josef und Regina Stoffels ihre vor 135 Jahren gegründete Kunst- und Devotionalienhandlung in der Fleischstraße 66.

 Freuen sich auf ihren im Februar beginnenden gemeinsamen Ruhestand: Franz-Josef (74) und Regina Stoffels (59) vor ihrem schon fast leergekauften Laden. TV-Foto: Roland Morgen

Freuen sich auf ihren im Februar beginnenden gemeinsamen Ruhestand: Franz-Josef (74) und Regina Stoffels (59) vor ihrem schon fast leergekauften Laden. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. (rm.) "Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe!" Viele Kunden reagieren mit Bestürzung auf das Plakat im Schaufenster. Aber der Entschluss ist unwiderruflich: "Wir haben uns den Ruhestand redlich verdient", erklärt Franz-Josef Stoffels. Der Enkel des Firmengründers wird am 24. März 75, Gattin Regina am 31. Januar 60. Und weil die Kinder Johannes (32; promovierter Geograf) und Christina (29; Buchhändlerin) andere berufliche Wege gehen, wird es keinen Fortbestand der Familienfirma in der vierten Generation geben - wofür die Eltern vollstes Verständnis haben. "Der Handel mit religiöser Kunst und Devotionalien war uns eine Herzenssache, ist aber keine lukrative Angelegenheit. Wir haben hier pure Selbstausbeutung betrieben. Mehr als zwei Wochen Urlaub im Jahr waren nie drin", sagt Regina Stoffels, die ihrem Mann lediglich in der Freizeit zur Seite stehen konnte, denn von Beruf ist sie Hauptschullehrerin im Haus auf dem Wehrborn (Aach).

Johann Stoffels hätte sich bei der Gründung der "Kunst- und Spiegelhandlung" 1875 nicht träumen lassen, welche Turbulenzen auf das Unternehmen zukommen sollten. Er genoss auch als Dekorationsmaler, Vergolder und Hersteller zimmerhoher Spiegel mit Konsolen einen guten Ruf. Die Nazi- und Kriegszeit brachte den gravierendsten Einschnitt.

Beim letzten der drei verheerenden britischen Bombenangriffe der Vorweihnachtstage 1944 auf Trier (23. Dezember) versank auch das Haus Stoffels in der Fleischstraße in Schutt und Asche. Der Neubau war - nach einer Übergangslösung in der Kutzbachstraße - erst 13 Jahre später möglich.

Resopaltresen von 1958 wandert ins Museum



Und nur auf reduzierter Fläche: "Wir mussten einen Teil des Grundstücks an die Stadt abtreten. Sie wollte die Straße verbreitern." Vom Neustart am angestammten Platz im November 1958 zeugt noch die Resopaltheke. Die wandert, wie zuvor bereits einige Maschinen, die Franz Stoffels und sein Sohn Franz-Josef nach dem Krieg aus den Trümmern geborgen hatten, ins Volkskunde- und Freilichtmuseum Roscheider Hof. Weiteres zentrales Element in dem 26 Quadratmeter großen Verkaufsraum ist ein unscheinbarer Schemel. "Da hat halb Trier drauf gesessen", sinniert Franz-Josef Stoffels. Wohl mehr als nur "halb Trier" ist in dem kleinen Geschäft ein- und ausgegangen. Nicht nur, um Kruzifixe, Rosenkränze, Madonnen- und Krippenfiguren zu kaufen , sondern auch "um ein Schwätzchen zu halten oder einfach nur ,Guten Tag' zu sagen."

Ihr Laden ist ein Stück Trier. Deshalb mochten die Stoffels auch keines der vielen Mietangebote von Kettenfirmen annehmen. Was nun kommt, ist laut Franz-Josef Stoffels "eine nahe liegende und gute trierische Lösung": Ubri Calchera (71) und seine Tochter Silvana (44) erweitern ihre im selben Haus gleich nebenan liegende Eiscafé-Filiale. Für das Calchera-Stammhaus (Simeonstraße 54) hat Franz-Josef Stoffels ein besonderes Faible. Es gleicht seinem 1944 zerstörten Elternhaus. Architekt war in beiden Fällen der Trierer Baumeister: Peter Bentz (1791 bis 1858).

Das Ehepaar Stoffels öffnet am Samstag, 30. Januar, letztmals sein Geschäft. Regina Stoffels wird tags zuvor in der Haus-Wehrborn-Schule in den Ruhestand verabschiedet.

Dann wollen beide das nachholen, was oft viel zu kurz kam: "Wandern in der Eifel und der Schweiz, Reisen zu großen Kunstausstellungen, und auch den Trierer Heimatvereinen wollen wir uns künftig stärker widmen."

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