Ende einer Schandfleck-Ära

Die ersten Mieter ziehen in den nächsten Wochen in die beiden neuen Wohn- und Geschäftshäuser Kapuziner-Karree und Viehmarkt-Residenz zwischen Neustraße und Viehmarkt ein. Ein für Trier neuartiger Seniorenladen macht den Geschäftemix interessant.

Trier. Schon der Winter 2009/10 hatte die Bauarbeiten verzögert. Und der frühe Frost im vergangenen Dezember hat noch einmal die Einzugstermine verschoben. Statt zum Jahreswechsel werden die rund 40 Wohnungen und sieben Geschäfte in den beiden neuen Häusern zwischen Neustraße, Kapuzinergasse und Viehmarkt erst in den nächsten Wochen und Monaten fertig.

Verzögerungen behindern Fertigstellung der Residenz



"Erst hat die von uns beauftragte Verputzerfirma Pleite gemacht, dann war es zu kalt, als dass der Kleber für die Fassadendämmung hätte verarbeitet werden können", sagt Joachim Atzorn von der Trierer Baufirma Trihaus, die die Ruine der ehemaligen Gaststätte Jenny Kasper von Grund auf saniert und aufgestockt hat zur Viehmarkt-Residenz. Der Innenausbau ist so weit fortgeschritten, dass die fünf zum Viehmarkt gelegenen Wohnungen im Januar bezogen werden können. Auch in die beiden Penthouse-Wohnungen ziehen in den nächsten Wochen die Käufer ein. Auf Ende März verschiebt sich dagegen der Einzugstermin für die fünf zur Neustraße gerichteten Domizile. Während die Residenz-Wohnungen bis auf eine bereits Käufer gefunden haben, stehen die Mieter für die beiden kleinen Läden im Erdgeschoss noch nicht fest.

Anders beim benachbarten Kapuziner-Karree: Die 27 Wohnungen - bis auf sechs ebenfalls alle verkauft - werden erst zwischen Mai und Juli fertig, die Pächter der Läden im Erdgeschoss ziehen dagegen schon im Februar ein. "Wie von uns angekündigt, haben wir Mieter gefunden, die mit ihren inhabergeführten Geschäften und originellen Angeboten gut in das Flair der Neustraße passen", erklärt Wolfgang Schäfer von der Hochwälder Immobilienfirma Ifa, die das Kapuziner-Karree gebaut hat.

Zwei Mieter - das Spielzeuggeschäft Kreisel und das Atelier Das tapfere Schneiderlein - ziehen vom hinteren Teil der Neustraße zum 1. Februar an die Ecke Kapuzinergasse um. Das Spielzeuggeschäft Kreisel verdoppelt dabei seine Fläche auf 277 Quadratmeter. "Inklusive neuer Räume für die Ausrichtung von Kindergeburtstagen und Schulungen", erklärt Spielpädagogin und Geschäftsführerin Aloysia Melchior, die zusammen mit der Familienbildungsstätte Seminare zu Spielzeugen und Büchern anbietet.

Das tapfere Schneiderlein, seit zehn Jahren in der ersten Etage eines weiter hinten gelegenen Hauses der Neustraße ansässig, zieht in einen zum Viehmarkt gelegenen 100-Quadratmeter-Laden. "Der neue Standort ist für uns sehr reizvoll und erweitert die besondere Neustraßen-Atmosphäre Richtung Viehmarkt", freut sich die Damen- und Herren-Schneidermeisterin Angelika Hirschler.

Dritte Frau im Bunde ist Claudia Oppenländer. Die 51-Jährige eröffnet am 8. Februar in der Kapuzinergasse den Laden "Senior aktiv" und damit das erste Geschäft in Trier, das ausschließlich auf die Bedürfnisse älterer und beeinträchtigter Menschen ausgerichtet ist. Zum Sortiment gehören Großtasten-Telefone und -Handys, Lupen, großformatige Gesellschaftsspiele, Einkaufstrolleys, die Treppenstufen steigen können, sprechende Wecker, Uhren und Fieberthermometer, gut greifbares Geschirr und Besteck für Menschen mit Arthrose sowie Aufstehhilfen, die zum Beispiel an die Couch montiert werden können. "Zu unserem Service gehört, dass die Kunden alles ausprobieren können und wir ihnen auch zum Beispiel dabei helfen, ihr Telefon zu programmieren", erklärt Oppenländer ihre Geschäftsphilosophie.

Nachbar des Seniorenladens zum Viehmarkt hin wird auf zwei Etagen und 250 Quadratmetern der Club Aktiv mit seiner Abteilung für ambulante Hilfe. "An unserem Standort in der Pfützenstraße ist es zu eng geworden", erklärt Club-Aktiv-Geschäftsführer Paul Haubrich.

Wer Mieter des fünften Ladens des Kapuziner-Karrees wird, steht noch nicht fest. Extra Bevor 2009 die Bauarbeiten zu Viehmarkt-Residenz und Kapuziner-Karree begannen, gammelten das leerstehende ehemalige Meinelt-Kaufhaus an der Ecke Kapuzinergasse und die angrenzende Ruine der Ex-Jenny-Kapser-Gaststätte rund 20 Jahre lang vor sich hin. In der Ex-Gaststättenimmobilie wohnte eine ältere Dame über Jahre ohne Strom, fließendes Wasser und Heizung. Das Gesundheitsamt veranlasste mehrfach die Sicherung des zerfallenden Gebäudes mit Gittern und Brettern wegen einer Taubenplage. Die unter Betreuung stehende Besitzerin des Trümmergrundstücks wurde schließlich per Zwangsräumung in einem Krankenhaus untergebracht. Das ehemalige Meinelt-Kaufhaus war ebenfalls seit den 1980er-Jahren dem Verfall preisgegeben. Auch das angrenzende China-Restaurant zum Viehmarkt stand seit Jahren leer. Über das hässliche Entree zum hinteren Teil der Neustraße hatten sich Anwohner und Gewerbetreibende seit Jahren heftigst beschwert. Über die unfreiwillige Komik des legendären Schriftzugs "Hier beginnen 400 Meter Einkaufsvergnügen" am Beginn der Gammelfassaden konnten am Ende nur noch die wenigsten lachen. (woc)

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