Energie, Gefühl, Authentizität

Trier · Starke Stimme, starke Lieder, unterhaltsame Erzählungen und viel Einblick in eine Musikerbiografie, mit dieser Mischung hat der italienische Liedermacher Pippo Pollina knapp 200 Besuchern in der Tufa Trier einen genussvollen Abend bereitet. Bedürfnisse zu schwelgen, zu fühlen und zu lachen wurden dabei bestens bedient.

 Betört mit seinen Liedern in der Tufa Trier: Pippo Pollina. TV-Foto: Anke Emmerling

Betört mit seinen Liedern in der Tufa Trier: Pippo Pollina. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Warmherzig wird Pippo Pollina von den Zuhörern in der Tufa Trier empfangen, kein Wunder, sie sind größtenteils "Wiederholungstäter". Einige haben ihn schon 1993 mit Konstantin Wecker in der Europahalle, andere zuletzt 2010 in Saarburg mit Streichquartett erlebt.
Was die ungebrochene Anziehungskraft dieses Künstlers ausmacht, lässt sich schon bei der ersten Ballade ausmachen: Er schafft Atmosphäre und ist durch und durch authentisch. Zu melodischen Klavierakkorden singt er mit leicht rauchiger Stimme, die im Kontrast zur körperlichen Erscheinung überraschend kraftvoll und energiegeladen ist, aber eben auch so sensibel, dass sie eine vielschichtige Gefühlspalette von Melancholie über Leidenschaft, Dramatik bis zu beschwingter Lebensfreude vermittelt.
Obwohl balladesk und manchmal romantisch-träumerisch angelegt, driften die von Pollina italienisch gesungenen und mal mit Klavier oder ausgezeichnet gespielter Gitarre begleiteten Lieder nie in Kitsch und Schwulst ab, was sich sehr gelungen auch im dafür sehr anfälligen Titel, "Amsterdam" von Jaques Brel, der einzigen Fremd-Adaption des Abends, äußert.
Mit stilistischer Vielseitigkeit von Folk über Latin bis Rock\'n\' Roll sowie fein dosierten raffinierten Brüchen und Kontrasten, alles resultierend aus einem hohen Anspruch an musikalischer Qualität, wird wunderbar Balance gehalten.
Das ist auch Pollinas hervorragendem Partner Roberto Petroli zu verdanken, der mit virtuosen wie filigranen Improvisationen auf Saxophonen und Klarinette allen Liedern das atmosphärische i-Tüpfelchen verleiht.
Pippo Pollinas Musik ist vor allem durch seinen Gesang und durch seine Erzählungen geprägt. Er kann seine Werke sowohl auf Italienisch als auch auf deutsch aufführen. Einzelne Lieder enthalten auch Textzeilen in Französisch, Spanisch und Englisch. Pollina spielt außerdem Keyboard, akustische Gitarre, Tamburin sowie weitere Musikinstrumente. Er arbeitete unter anderem mit Georges Moustaki, Inti-Illimani, Franco Battiato, Nada, Charlie Mariano, Konstantin Wecker, Linard Bardill, Patent Ochsner und Schmidbauer/Kälberer zusammen.
Doch der Abend bietet nicht nur Musik. Pollina, der seit 20 Jahren in Zürich lebt und fließend Deutsch spricht, liest aus seiner Biografie "Über die Grenzen trägt uns ein Lied". In teils humorvollen Episoden und dazu gezeigten Videoaufzeichnungen gibt der 1963 als Giuseppe Pollina in Palermo geborene studierte Jurist Einblick in prägende Stationen seines Lebens.
Dazu gehören unter anderem die journalistische Arbeit für ein sizilianisches Magazin, dessen Chefredakteur Giuseppe Fava von der Mafia ermordet wurde, und die für seine musikalische Karriere wegweisenden Begegnungen mit den Liedermachern Linard Bardill und Konstantin Wecker.
Gemeinsam mit anderen Musikern aus Palermo gründete er die Band "Agricantus". Während dieser Zusammenarbeit machte er erste intensive Konzerterfahrungen in Italien und dem Ausland. Er studierte Jura und ging im Anschluss auf Weltreise. Zur Finanzierung seines Studiums arbeitete er auch als Straßenmusikant. Sein erster musikalischer Auftritt im Ausland führte ihn nach Ost-Berlin.
Hier wie auch in temperamentvoll erzählten Anekdoten erklärt sich, was zu Pollinas Anspruch und Profil als politischer Poet beigetragen hat. Und es formt sich der Eindruck des Allrounders, der es vermag, über seine Musik und sein Unterhaltungstalent Draht zu Menschen zu knüpfen.
Nach diesem Abend ist anzunehmen, dass es beim nächsten Konzert mit Pippo Pollina in der Region noch mehr Wiederholungstäter geben wird.

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