Entschuldigung

Der Satz trifft voll ins Schwarze. Kommt zur rechten Zeit und bringt die Sache genau auf den Punkt.

Eine schöne Pointe. Alle lachen, nur einer nicht. Ihn trifft der Pfeil direkt ins Herz. Und er empfindet meine Bemerkung als tiefe Beleidigung. Dabei wollte ich das gar nicht. Ich zermartere mir die ganze Nacht den Kopf und fühle mich schuldig. Wie komme ich aus dieser Nummer bloß wieder raus?

Diese Frage stellen sich Menschen seit Urzeiten, wenn sie Schuld empfinden. Antwortversuche gibt es genug: Einfach vergessen, wird schon wieder. Oder einen Sündenbock finden, der zum Opfer wird. Andere Möglichkeit: die Tat sühnen. Also Strafe zahlen, die weh tut. Hinter all dem steckt die Erfahrung, dass schuldhaftes Handeln irgendwie kompensiert werden muss.

Gründonnerstag und Karfreitag lassen diese Fragen wie in einem Brennpunkt erscheinen. Die Bibel berichtet davon, dass Jesus die Schuld der Welt auf sich nahm. Stellt sich die Frage, ob er das kann, der Mensch aus Nazareth. Ob Schuld überhaupt übertragbar ist? Nach Vorstellung der Bibel hat der Tod Jesu am Kreuz genau diese Bedeutung: Schuld wegzunehmen. Das geht gleichwohl nur, wenn Gott hier selbst auf den Plan tritt. Aber er missbraucht Jesus dazu nicht etwa als Sündenbock.

Die Bibel sieht das so: Gott hängt selbst an diesem Kreuz und geht dorthin, wo es richtig wehtut. Weil Gott als Jesus auf dieser Welt wirkte, weiß er um alle Facetten menschlichen Lebens, auch um die dunklen und die der Schuld. Er entschuldigt mich. Und so fällt mir ein Stein vom Herzen. Ich kann nämlich trotz meiner Fehler leben. Auch deshalb konnte ich am nächsten Morgen zum anderen hingehen und "Entschuldigung" sagen. Das fällt nicht immer leicht. Aber es ist wirkungsvoll und tut gut. Meinem Gegenüber und mir.

Pfarrer Jörg Weber, Trier

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