Er gibt nicht mehr allein den Takt an - Intendant Karl Sibelius verliert kaufmännische Leitung des Trierer Theaters

Trier/Mertesdorf · Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe entzieht dem Generalintendanten Karl Sibelius die kaufmännische Leitung des Theaters. Das Jahresbudget 2015 des Theaters ist nach neuen Erkenntnissen des Stadtvorstands um 1,3 Millionen Euro überzogen, für 2016 liegt das Defizit aktuell ebenfalls bei 1,3 Millionen.


Wolfram Leibe ist kein Mann harter Worte. Der Oberbürgermeister der Stadt Trier formuliert kontrolliert und präzise, aber man sieht deutlich, wie tief der Ärger sitzt. "Generalintendant Karl Sibelius ist ab sofort nicht mehr befugt, Geschäfte allein abzuschließen." Kulturdezernent Thomas Egger (SPD) werde die Position eines kaufmännischen Direktors kommissarisch übernehmen.

Die Stadt Trier will diese Stelle fest am Theater installieren, ausschreiben und neu besetzen. Sibelius, der bisher kaufmännisch und künstlerisch allein schalten und walten konnte, soll Intendant und künstlerischer Leiter bleiben.

Die Abläufe am Montag zeigen, wie sehr das Vertrauen zwischen dem Intendanten und der Rathausspitze erschüttert ist. Als Leibe die Neuordnung der Theaterleitung während einer Pressekonferenz verkündet, ist Kulturdezernent Egger mit dabei - doch Karl Sibelius nicht. Es stellt sich heraus: Er weiß noch gar nicht, dass er kein kaufmännischer Chef mehr ist. Das bestätigt der Oberbürgermeister auf Nachfrage: "Herr Sibelius wird anschließend von Herrn Egger informiert."

Alle Versuche, Karl Sibelius am Montag für eine Stellungnahme zu erreichen, schlagen fehl. Weder über sein Handy noch über den Theater-Pressesprecher Dominik Huß kommt ein Kontakt zustande. So bleibt die Frage offen, ob der in Trier umstrittene Intendant seinen über fünf Jahre laufenden Vertrag unter diesen neuen Bedingungen überhaupt erfüllen will.

Sibelius hat sein Profil bei Facebook vor kurzem komplett gelöscht und sich schon mehrmals über die aus seiner Sicht zu harte Kritik beklagt, die ihm in Trier entgegenschlägt. Der jüngste Höhepunkt war die Entlassung des Schauspieldirektors Ulf Frötzschner (der TV berichtete).

Mit einem kurzen "Ja" beantwortet Dezernent Egger die Frage, ob er Sibelius noch vertraut und ihn als künstlerischen Leiter halten will. Oberbürgermeister Leibe sagt deutlich: "Als Finanzchef sehe ich hier höchsten Optimierungsbedarf."

Für 2015 und 2016 hat das Theater Trier sein Budget nach neuen Berechnungen um jeweils 1,3 Millionen Euro überzogen. Ob und wie die mit mehr als 700 Millionen Euro hoch verschuldete Stadt Trier dieses neue Defizit von 2,6 Millionen Euro auffangen kann, werden die nächsten Wochen zeigen. Verwaltungschef Leibe hat eine Haushaltssperre für die sogenannten freiwilligen Aufgaben verhängt, zu denen auch das Theater gehört.

Der erste Sparposten könnte das Gehalt des Intendanten werden, das unbestätigten Informationen zufolge höher sein soll als das Salär des Oberbürgermeisters. Wolfram Leibe bestätigt diese Infos nicht, sagt aber dem TV: "Über das Gehalt des Intendanten muss jetzt nachverhandelt werden, auf der aktuellen Höhe wird es nicht bleiben."
Meinung

Nicht der richtige Intendant für Trier

Von Jörg Pistorius

Das Eingestehen und Korrigieren eines Fehlers ist eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt. Doch es macht die Situation nicht besser, sich monatelang davor zu drücken, die Situation zu glorifizieren, grundsätzliche Probleme zu verdrängen und einem definitiv mausetoten Pferd die Sporen zu geben.

All das ist in Trier geschehen, es geschieht immer noch. Das tote Pferd hat auch einen Namen. Es heißt "Karl Sibelius ist der richtige Intendant für das Theater Trier". Das müssen sowohl die Stadtverwaltung als auch die Ratsfraktionen einsehen. Sie haben Sibelius nach Trier geholt.

In seiner kurzen Amtszeit hat es der Künstler aus Österreich geschafft, das Theater zu einem Krisenherd mit einer ansehnlichen Liste von Eskalationen zu machen. Der Machtkampf mit Generalmusikdirektor Victor Puhl hätte bereits die Warnglocken läuten lassen müssen. Danach kamen Abmahnungen, Abfindungen und Entlassungen, zwei prominente Beispiele sind Sänger Christian Sist und Schauspielchef Ulf Frötzschner. Der Eklat um das Theaterstück "Die rote Wand", rapide sinkende Besucherzahlen, explodierende Budgets - es ist ganz einfach Zeit, dass die politisch Verantwortlichen ihren Fehler einsehen und korrigieren. Karl Sibelius ist nicht der richtige Intendant für das Theater Trier. j.pistorius@volksfreund.de

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