SERIE HEIMAT UND GENUSS Erst Mulsum, dann Puls und Fischsauce

Pickließem · Wie kochten eigentlich die alten Römer? Der Eifeler Edgar Comes hat nachgeforscht und dazu ein römisches Kochbuch geschrieben.

 Lecker: Porcellum Coriandratum –  Ferkel mit Koriandersauce.

Lecker: Porcellum Coriandratum –  Ferkel mit Koriandersauce.

Foto: TV/Verlag Zauberfeder

Dekadent fläzen sich die Römer rund um die Tische, liegen am Boden und stopfen sich mit Essen voll, während die Sklaven ihnen den Wein förmlich in die Hälse kippen. Dank Hollywood-Schinken wie Ben Hur oder Gladiator denkt man sofort an solche Szenen, wenn man an römisches Essen denkt. „So war es vielleicht bei der Oberschicht, aber auch nicht jeden Tag“, sagt Edgar Comes. Er muss es wissen, denn er hat das Thema erforscht, war an Grabungen beteiligt, hat ein Faible für alles Römische und fürs Kochen. „Die ganz normalen Römer, die an der Mosel oder im Hunsrück oder in der Eifel gelebt haben, haben am Tisch gesessen, nicht gelegen“, räumt der 54-Jährige zunächst einmal mit einem Irrglauben auf.

Edgar Comes war lange Jahre Mitglied und Chef der Milites Bedenses, der römischen Legion aus Bitburg, die nicht nur in römischer Kleidung auftrat, sondern sich auch der praxisnahen Archäologie verschrieben hat.

Da Comes auch begeisterter Hobbykoch war und ist, verband der Personalchef des Katasteramts Westeifel/Mosel in Bernkastel-Kues beide Interessen. Er forschte, eignete sich bei Ausgrabungen das Wissen über römische Töpfe, Messer und Gabeln an - und fand so auch heraus, was bei den Römern auf den Tisch kam.

Die wichtigste Quelle ist dabei ein echtes Kochbuch aus dem dritten oder vierten Jahrhundert. „De re coquinara“ (Über die Kochkunst) heißt es, wurde von Apicius verfasst und im neunten Jahrhundert in einer Klosterbibliothek bei Fulda gefunden.

Daneben haben sich zahlreiche römische Dichter und Gelehrte wie Cato, Vergil oder Plinius sehr intensiv in ihren Texten mit dem Essen und der Zubereitung desselben befasst. „Was man bei all diesen Rezepten und Texten aus heutiger Sicht vermissen wird, sind Mengenangaben, vor allem für Gewürze. Das wurde so lange gewürzt, bis es schmeckte“, sagt Comes.

Und wie schmeckte es bei den Römern? War das der Vorläufer der heutigen italienischen Küche? Beileibe nicht. „Geschmacklich orientierte sich die römische Küche eher an dem, was wir heute aus der asiatischen Küche kennen - süß, sauer und salzig“, sagt Comes. Um diesen - aus römischer Sicht - abgerundeten Geschmack hinzubekommen, waren drei Zutaten besonders wichtig: Honig für die Süße, Essig fürs Saure und Garum (Liquamen), eine Sauce aus fermentiertem Fisch, für das Salzige. „Am Mittelmeer gab es eine richtige Garum-Industrie, für ganze Garnisonen wurde dieses haltbare Lebensmittel produziert“, sagt der Eifeler Römer-Koch.

Nachdem er auf dem Gebiet zum Experten wurde, durfte Comes 2006 als Teil von „Brot und Spiele“ einen Kochkurs für 40 Spitzengastronomen aus der Region leiten, um diesen die römische Kochkunst näherzubringen - was er heute noch als Leiter zahlreicher Kurse an Volkshochschulen macht. Dadurch, und weil die Milites Bedenses eine Schwesterlegion in Wintrich hatten, kam der Kontakt zum Spitzenkoch Markus Plein zustande, der in Wintrich das „Alte Kelterhaus“ betreibt.

Für den kreierte Comes 2007 ein römisches Silvestermenü - und Plein war es auch, der den Eifeler dazu motivierte, sein erstes Kochbuch zu verfassen, das 2008 auf den Markt kam und für das er 2009 den internationalen Gourmand Award in Paris erhielt. Nach mehreren Neuauflagen gibt es nun ein komplett neues, und vor allem neu illustriertes Buch im Verlag Zauberfeder. Gekocht und fotografiert wurden die Gerichte übrigens auch in Pleins Altem Kelterhaus.

Man wird im Kochbuch einige Zutaten vermissen, die heute gang und gäbe  sind, wie Kartoffeln oder Tomaten, denn die gab es seinerzeit hierzulande noch nicht. Dafür finden sich aber viele bekannte Gemüse-, Getreide- und Obstsorten, die auch heute noch in der Region zu finden sind. Wein, Weizen, Karotten, Rote Bete, Äpfel, Birnen, Erbsen, Linsen, Nüsse und so weiter. Der Käse war seinerzeit ein Produkt von Ziegen und Schafen, der Wein war meist sehr trocken, weil die römischen Winzer noch nicht wussten, wie man die Gärung stoppt. Apropos Wein: Der wurde mit Wasser verdünnt getrunken, wer ihn in der Öffentlichkeit pur trank, galt als Alkoholiker. Und Bier gab es auch schon.

Das beliebteste alkoholische Getränk war allerdings das Mulsum, das heute im Originalrezept als heiße Variante noch auf dem Bitburger Weihnachtsmarkt ausgeschenkt wird. Man nehme Wein (egal, ob rot, weiß oder rosé), Honig, Koriander und Lorbeerblätter, koche alles zusammen auf und serviere es entweder warm oder kalt.

Das klassische Essen von Otto Normalrömer war der Puls, eine Art Brei, der auch als Auflauf mit Fleisch und Gemüse serviert wurde. Im Allgemeinen aßen die Römer nur abends warm, auch das Mittagessen war eher eine leichte, kalte Speise. Gekocht wurde an Feuerstellen, wahlweise in Metall- oder in Tontöpfen, serviert wurde auf unglasierter Keramik oder - wer es sich leisten konnte - Silbertellern.

Eine typische Vorspeise war Moretum, eine Käse-Knoblauch-Kräuter-Paste, die auf Fladenbrot gegessen wurde, gefüllte Eier, Salate und Aufläufe. Auch bei den Beilagen findet sich vieles, was heute noch auf den regionalen Tisch kommt: Erbsen, Bohnen, Lauch oder Pilze. Und selbst heutige Frittenbuden-Klassiker gab es bei den alten Römern, wie Frikadellen oder Würste, die damals auch an Garküchen verkauft wurden, zum Beispiel für Legionen in Trier, wie Funde belegen.  „Viele Menschen sagen, die römische Küche von damals sei heute nicht mehr genießbar und schmecke überhaupt nicht. Dem rate ich nur, die Gerichte auch einmal selbst zu kochen oder in ein Restaurant mit römischer Küche zu gehen“, sagt Edgar Comes.

Und der hat schon Pläne für ein weiteres römisches Kochbuch im Kopf. Zu Hause kocht er die Rezepte übrigens fast ausschließlich mit dem, was sein eigener Nutzgarten bietet.

 Bilder Römisches Kochbuch füpr Serie Heimat-Genuss

Bilder Römisches Kochbuch füpr Serie Heimat-Genuss

Foto: TV/Verlag Zauberfeder
 Heimat Genuss Logo JPG

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Foto: TV/Schramm, Johannes

Zum Nachlesen und Nachkochen:
Edgar Comes: Römer-Kochbuch, Verlag Zauberfeder, 19,90 Euro, 128 Seiten mit 50 Rezepten, Bestellung online über
www.zauberfeder-shop.de

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