Erster neuer Mietspiegel seit zehn Jahren: Bei kleinen Wohnungen in Trier gibt es Wuchermieten

Trier · Die Mietpreise in Trier sind vergleichbar mit denen in Berlin. Das ist eine Aussage, die mit dem neuen Mietspiegel für Trier möglich ist. Ab Freitag kann damit genau und rechtssicher ermittelt werden, welche Miete für jede Wohnung gerechtfertigt ist.

 Sozialdezernentin Angelika Birk und Michael Clar (F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH, Hamburg) präsentieren den neuen Mietspiegel, der ab 1. Juli gütlig ist.

Sozialdezernentin Angelika Birk und Michael Clar (F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH, Hamburg) präsentieren den neuen Mietspiegel, der ab 1. Juli gütlig ist.

Foto: Rainer Neubert

6,62 Euro pro Quadratmeter. Das ist der Betrag für die durchschnittliche Kaltmiete in Trier. Nicht berücksichtigt sind dabei der soziale Wohnungsbau und Kleinwohnungen unter 25 Quadratmeter. Für diese besonders gesuchte Wohnungsform werden im Mittel zwischen 9,50 und 12,50 Euro verlangt.

Ab Freitag im Internet

Der neue Mietspiegel für die Stadt Trier ist ab Freitag gültig und kann ab sofort auch bei rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Vermietern und Mietern vor Gericht als Beweismittel über die Höhe der ortsüblichen Miete verwendet werden. "Wir erhoffen uns damit auch die Möglichkeit, überhöhten Mieten in Trier entgegenzuwirken", sagt Sozialdezernentin Angelika Birk. Gemeinsam mit Michel Clar von dem mit der Datenerhebung beauftragten Institut F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH, Hamburg, hat die ab 1. Juli auf dieser Internetseite kostenlos abrufbare wissenschaftliche Erhebung am Donnerstag vorgestellt.

Dass es auch Wuchermieten in Trier gibt, stand dabei außer Frage. "Ein besonderes Problem in dieser Hinsicht sind kleine Wohnungen." Das bestätigt auch Michael Clar. Weil die Erhebungen zu Wohnraumgrößen unter 25 Quadratmetern allerdings nicht repräsentativ seien, gebe es dazu zwar ebenfalls eine Mietspiegeltabelle. Für rechtliche Fragen sei diese aber nicht als Beweismittel gültig. Aus Sicht von Sozialdezernentin Birk ist das bedauerlich, denn "gerade Alleinstehende und Studierende, die unter hohem Zeitdruck nach einer Wohnung suchen, haben es in Trier mit überhitzten Mietpreisen zu tun."

Wie hoch für alle anderen Wohnungen die Vergleichsmieten in einem Stadtteil oder sogar einer einzelnen Straße sind, kann mit dem neuen Mietspiegel exakt ermittelt werden. Denn im Gegensatz zu seinen Vorgängern gibt es als Grundlage für die Anwendung erstmals eine Wohnlagenkarte für das gesamte Stadtgebiet. 100 Teilbereiche wurden dabei nach Bebauungsdichte, Wohnumfeld, Infrastruktur, Zentralität und Beeinträchtigung durch Lärm oder Geruch beurteilt. Wer nun wissen will, ob sich seine Wohnung in einer guten, mittleren oder einfachen Lage befindet, kann dies nachschlagen. Der genaue Mietpreis für jede Wohnung kann dann anhand diverser Einzelkriterien ermittelt werden. Besonders interessant ist auch nach Ansicht von Michael Clar, dass der energetische Zustand einer Wohnung sich in Trier kaum auf den Mietpreis oder die Vermarktungschancen auswirken.

Der F+B-Geschäftsführer aus Hamburg ordnet die Durchschnittsmiete von 6,62 Euro im bundesweiten Vergleich als "nicht gerade billig" ein. "Wenn Neubauwohnungen unter 9 bis 10 Euro nicht zu haben sind, wird es für alle schwierig, die nicht mehr als 2500 Euro Bruttoeinkommen haben." Trier befinde sich bei den Mietpreisen auf dem Niveau einer Region, der es wirtschaftlich gut geht. "Hier ist nicht das Ruhrgebiet. Trier spielt im mittleren Bereich durchaus auf dem Niveau der Hauptstadt Berlin."

Die Erstellung des Mietspiegels kostet nach Aussage von Angelika Birk "unter 100000 Euro". Ein Viertel dieser Summe wurde von den Mitgliedern des Arbeitskreises erbracht, die an der Erstellung beteiligt waren. Der Mieterverein gehörte ebenfalls dazu wie der Haus- und Grundbesitzerverband, zahlreiche Bau- und Projektgesellschaften, der Gutachterausschuss für Grundstückswerte Trier sowie Mitglieder des Trierer Stadtrats.

Extra: Mietspiegel

1217 Mieterdaten hat das Institut F+B GmbH, Hamburg, für den neuen Mietspiegel ausgewertet. Für Wohnungen ab 25 Quadratmetern gilt die Erhebung als repräsentativ und rechtlich belastbar. Im Mittel liegt die Miete zwischen 5,80 und 12,65 Euro/Quadratmeter. Am teuersten sind kleine Wohnungen zwischen 25 und 30 Quadratmeter (9 bis 12,65 Euro). Am preiswertesten sind Wohnungen mit 50 bis 80 Quadratmetern aus den Jahren 1949 bis 1971 mit durchschnittlich 6 Euro. Altbauten (bis 1920 errichtet) und Neubauwohnungen ab 1992 erzielen die höchsten Mieten. Kommentar

Miet-Haie aufgepasst!

Von Rainer Neubert

Wer in der Stadt eine bezahlbare Wohnung sucht, hat es nicht leicht. Wie schwierig die Situation ist, zeigt sich auch daran, dass die Landesregierung am 8. Oktober 2015 Trier zu einem angespannten Wohnungsmarkt erklärt hat. Bei Neuvermietungen dürfen die Mieten seitdem deshalb nur zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, Neubauwohnungen ausgenommen. Mit dem ersten qualifizierten und damit rechtssicheren Mietspiegel seit 2010 ergibt sich für manche überteuerte Wohnung in der Stadt also sogar ein Anspruch auf eine Herabsetzung. Das ist nur ein Grund, warum Stadtverwaltung und Rat dieses Instrument in Auftrag gegeben hat. Es geht darum, den aufgeheizten Markt zu beruhigen. Bei unseriösen Investoren und Vermietern werden nun die Eurozeichen aus den Augen verschwinden, zumindest für die kommenden zwei bis vier Jahre. Nur so lang hat ein Mietspiegel rechtlich bestand, bevor er neu erstellt werden muss. Gut angelegt ist das Geld dafür dennoch. r.neubert@volksfreund.deDownload

Weitere Detailinformationen zur Entstehung und Bedeutung des Mietspiegels finden Sie hier:

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