Es gibt nichts zu enthüllen

Martin Luther

Zum Bericht "Humanisten zeigen nackten Luther" (TV vom 29. September) über eine Skulptur vor der Konstantin-Basilika in Trier:

Die Installation bewerte ich als eine Mischung aus Demagogie und Kokolores. Die im Wortsinn maßlose Enttäuschung Luthers über die Juden hat ihn zu unglaublich groben Äußerungen motiviert. Ja, sein Programm in den späten Schriften zielte darauf ab, Deutschland judenfrei zu machen. Nein, Luther war kein Antisemit! Von Juden, die sich taufen lassen, bekennt der Reformator, dass "wir sie gerne als unsere Brüder halten wollen". Das Zitat von Karl Jaspers soll wohl eine direkte Linie von Luther zu Hitler aufzeigen. Das wird von Historikern wie Heinz Schilling und anderen nachdrücklich bestritten. Luther zum Vorfahren Hitlers zu erklären, meint Schilling in der dritten Auflage seiner erstmals 2012 erschienenen Luther-Biographie (Seite 551), lenke von entscheidenden Entwicklungen ab, die zwischen Reformation und Nationalsozialismus liegen. Zu guter Letzt: Die Ausfälle Luthers gegen Juden (und den Islam) werden aktuell in Wort und Schrift auch von Repräsentanten der Evangelischen Kirche kritisch kommentiert, keineswegs versteckt. Es gibt also nichts zu enthüllen. Blanke Busen (Köln), ein nackter Bauch (Trier), das sind mediale Eintagsfliegen. Kokolores eben.
Peter Schuh
Trier

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