"Es ist gut, dass man mich verhaftet hat"

Trier · Ein 33-jähriger Altenpfleger aus Hessen, der derzeit wegen Missbrauchs von Kindern vor dem Trie-rer Landgericht steht, hat nach eigenem Bekunden kurz davor gestanden, ein Mädchen zu entführen und zu vergewaltigen. Bei seiner Verhaftung ist ein detaillierter Plan dafür gefunden worden.

Trier. Es sei gut, dass man ihn verhaftet habe, sagt der Angeklagte. Und nach allem, was gleich zu Beginn des Prozesses gegen den 33-jährigen Altenpfleger aus dem hessischen Kelkheim herausgekommen ist, scheint es in der Tat gut zu sein, dass dem jungenhaft wirkenden Mann endlich der Prozess gemacht wird.
Eine tickende Zeitbombe


Denn Steffen K. scheint eine tickende Zeitbombe zu sein. Eine, die kurz davor stand, zu explodieren. In seiner Wohnung fand die Polizei ein mehrseitiges, handschriftliches Papier - ein Dokument, das die irren Gedanken eines sexuell gehemmten, zurückgezogen und eigentlich einsam lebenden Mannes wiedergibt. Es ist eine Art Regieanweisung, die er sich geschrieben hat, in der er detailliert festgelegt hat, wie er in der Nähe von Frankfurt ein Mädchen, eine Grundschülerin, auf ihrem Nachhauseweg verschleppt. Darin schildert er haarklein, wie die Tat ablaufen soll, wie er das Mädchen dazu bringt, mit ihm zu gehen, welches abgelegene Gebüsch für eine Vergewaltigung geeignet wäre, was zu tun ist, wenn sich das Kind wehrt.
Wie hoch die Wahrscheinlichkeit gewesen sei, dass er das auch umgesetzt hätte, will der Vorsitzende Richter Albrecht Keimburg von K. wissen. "Sehr hoch", sagt dieser.
Er habe kurz davor gestanden, sich an einem der beiden Mädchen, die er sich "ausgesucht" und die er sogar schon angesprochen habe, zu vergehen. Den Zuhörern im Gerichtssaal stockt der Atem. Mädchenkleider und einen Schulranzen haben die Ermittler in der Wohnung des Mannes gefunden. Der Stoff habe ihn sexuell erregt, sagt er. Keimburg glaubt aber, dass der Mann mit den Teilen die geplante Tat durchgespielt und sich daran erregt hat. Über 20 000 Fotos von Schulmädchen sind auf seinem Computer gefunden worden. Fotos, die er zum Teil selbst mit dem Handy gemacht hat. Vielleicht Fotos von potenziellen Opfern.
Der Polizei war bekannt, dass der Altenpfleger, der in einer Zeitarbeitsfirma angestellt war, Kinder angesprochen hat. Die Mutter eines der Mädchen hatte die Polizei informiert. Diese knöpfte sich daraufhin den Mann vor, warnte ihn, dass er sich von den Kindern fernhalten solle. Daran gehalten habe er sich nicht, sagt der Angeklagte.
Dass der gebürtige Leipziger, der sich seit Anfang der Woche vor dem Trierer Landgericht verantworten muss, festgenommen worden ist, hat allerdings nichts mit seinem Plan zu tun, Mädchen zu entführen und zu vergewaltigen. Dafür ist er nicht angeklagt. Es ist daher spannend, welche Rolle diese offenbar feste Absicht später beim Urteil spielen wird. Angeklagt ist der Mann, weil er über Internet gezielt Kontakt zu elf- bis 13-jährigen Mädchen gesucht hat, indem er sich als Jugendlicher ausgab. Mindestens mit dreien dieser Mädchen hat er sich getroffen. Die Mutter einer 13-Jährigen aus einem Moselort hat den Mann angezeigt, nachdem ihr Sohn ihn und seine Schwester fast nackt im Bett des Mädchens entdeckt hatte. Er habe das Mädchen geliebt, beteuert der Mann. Das Kind leide noch heute unter dem Erlebten, sei nun in einer Pflegefamilie, da die Probleme zu Hause nach dem Treffen mit dem Mann zu groß geworden seien, sagt die Nebenklagevertreterin, Rechtsanwältin Ruth Streit.
K. hat nach eigenem Bekunden erst zwei Beziehungen zu Frauen gehabt, die aber beide in die Brüche gingen. Einmal hat er seine Freundin vergewaltigt und ist dafür zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Gegen die andere Freundin soll er gewalttätig geworden sein.
Die vergangenen drei Jahre habe er sich in seiner Freizeit fast ausschließlich in Internet-Chats herumgetrieben, die überwiegend von Jugendlichen genutzt werden - offenbar nur noch getrieben von dem Drang, junge, pubertierende Mädchen zu treffen, sagt der Mann vor Gericht. Einmal habe er so eine 13-Jährige aus Nordrhein-Westfalen kennengelernt, die mit Erlaubnis ihrer Eltern bei ihm übernachtet habe. Er habe auch für sie ernsthafte Zuneigung empfunden, sagt der Mann im Gerichtssaal. Genau wie für die 15-Jährige, mit der er sich in seinem Auto auf einem Feldweg traf und die ihn schließlich anzeigte, weil er sie sexuell bedrängt haben soll.
Die Ermittlungen wurden eingestellt.
Eine steigende Bedrohung


"Unsere Kinder sind bedroht. Mitten unter uns, gleich nebenan, vielleicht häufiger und rücksichtsloser als jemals zuvor", sagt der bekannte Polizeipsychologe Adolf Gallwitz. Er ist Referent einer Tagung zum Thema Pädokriminalität, die zeitgleich zu der Verhandlung gegen den Altenpfleger gestern in der Katholischen Akademie in Trier begonnen hat.
Belästigung und sexuelle Übergriffe zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen im Internet würden immer häufiger, sagt Gallwitz, der an der Polizeihochschule im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen lehrt. Ein Grund sei die völlige Anonymität des Mediums.
Gerade Chaträume, wie sie auch der Angeklagte genutzt hat, seien "ideale Tatorte" für sexuelle Übergriffe, sagt Gallwitz. Mit schuld daran sei, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr ausreichend sexuell aufgeklärt würden. Auch fehle ihnen oft die Kompetenz, die Gefahren des Internets einschätzen zu können. "Dies hat zu neuen Tätern, Tatgelegenheiten und zu neuen Opfern geführt", sagt Gallwitz.Extra

Kürzlich hat in Konz ein Mann Kinder vor einer Schule beobachtet und schließlich einen Jungen festgehalten. Der Fall sorgte bei Eltern für Aufregung. Der 31-Jährige wurde festgenommen, nachdem er einen achtjährigen Jungen auf dem Schulweg festgehalten hatte. Als Passanten kamen, ließ er von dem Jungen ab. Eltern hatten zuvor bereits mehrmals bei der Polizei darauf hingewiesen, dass sich der Mann vor der Schule herumtreibe und Kinder fotografiere. Unternommen hat die Polizei zunächst aber nichts. Eine Festnahme des Konzers sei zu dem Zeitpunkt nicht möglich gewesen, weil noch keine Straftat vorgelegen habe, heißt es. wie

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