Es regnete Bomben

Ich lebte mit meinen Eltern und meiner Oma in Biewer, Johannes Kerschtstraße 16 (damals Aacherweg), wo ich heute noch lebe. An Heiligabend gegen elf Uhr gab es Voralarm, gleich danach heulten die Sirenen Hauptalarm.

So schnell wir konnten, rannten wir in den Bunker oben an der Talstraße. Nur meine Oma ging nie mit. Sie sagte: "Hier bin ich auf die Welt gekommen, hier will ich auch sterben." Hinter unserem Haus standen Tannenbäume, und meine Oma schlug einen Tannenbaum ab, stellte ihn auf den Tisch und schmückte ihn. Auch das Krippchen mit dem Jesuskind, Maria und Josef mit zwei Hirten und Schäfchen stellte sie unterm Christbaum. Die Jabos flogen in einem fort. Dann war die Hölle los. Es regnete Bomben auf Bomben. Der Himmel war rot vor Feuer. Männer kamen in den Bunker und riefen: "Wer kann mitgehen nach Pfalzel und die Menschen aus den Kellern herausnehmen und sie begraben? Ganz Pfalzel ist zertrümmert." Dann gab die Sirene Entwarnung, und wir gingen nach Hause. Ich war ja auch noch ein Kind, und ich freute mich über den Tannenbaum und das Krippchen. Meine Mutter und meine Oma weinten, und wir haben für die armen Menschen gebetet, die alles verloren hatten. Heute bin ich alt, aber es vergeht kein Heiligabend, an dem ich nicht daran denke, was damals geschah. Maria Holstein, Trier

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