"Et Anny" kennen alle

PFALZEL. Sie ist eine "Institution" in Pfalzel: "et Anny". Die fast 84-Jährige Anny Zimmer führte jahrzehntelang einen Lebensmittelladen in Pfalzel und war Anlaufstelle bei Sorgen und Fragen aller Art im Stadtteil. Seit ihrer Erkrankung vor zehn Jahren wird Anny von ihrer Freundin Agnes Böck (71) versorgt.

Wer Anny Zimmer besuchen möchte, findet sie im vierten Stock des einzigen Hochhauses in Pfalzel. Dort, in der Wohnung ihrer Freundin, hat sie ihr Zuhause. Und berichtet trotz der Folgen zweier Schlaganfälle und den Mühen des Alters mit Witz und Verstand von ihrem Leben. "Früher, als ich das Geschäft hatte, wurden die Neuigkeiten von Mund zu Mund weiter gegeben. Das ist ja jetzt weniger geworden. Daher lese ich jeden Morgen den Trierischen Volksfreund", berichtet Anny Zimmer. Das "Schwätzen" mit den Leuten, der Kontakt zu Menschen - das liebt die frühere Geschäftsfrau auch heute. So geraten ihre täglichen Morgenspaziergänge mitunter zu einer Art Berichterstattung, wenn Neuigkeiten ausgetauscht und "et Anny" freudig von kleinen und großen Pfalzelern begrüßt werde, weiß Agnes Böck. "Von dir habe ich doch immer einen Lutscher geschenkt gekriegt", hätte sich erst kürzlich jemand erinnert. "Ich bin kein Morgenmensch"

Anny Zimmer, die 1938 eine Lehre im Lebensmittel- und Feinkosthandel begann, übernahm den Lebensmittelladen ihrer Tante in der Pfalzelerstraße/Ecke Pfalzgrafenstraße. Und führte das Geschäft, bis sie es vor 15 Jahren aus Altersgründen aufgab. "Eigentlich bin ich ja kein Morgenmensch. Aber der erste Kunde wurde von mir immer mit ‚Ich wünsch Ihnen einen wunderschönen guten Morgen' begrüßt. Ob ich begeistert war oder nicht", sagt sie lächelnd. Als eine Art Beichtmutter, wie ein Pastor einmal gesagt habe, war sie Anlaufstelle für Probleme aller Art. Weitergetragen habe sie solche Informationen aber nie. "Das blieb alles unter uns." Zwischen Sauerkraut und Heringen gab sie schon mal Tipps für die Wohnungssuche. Oder stellte individuelle Präsentkörbe zusammen. "Ich kannte die Leute, für die das war. So wusste ich, was gewünscht wurde." Mit dem Ruhestand sollte das Reisen beginnen. Doch dann kamen die Schlaganfälle, die manche Pläne durchkreuzten. Agnes Böck, ehemalige Krankenschwester, ist Anny Zimmer schon seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden. Sie half mit im Laden, kochte für ihre Freundin und reiste mit ihr. Vor drei Jahren nahm sie Anny Zimmer in ihrer Wohnung auf. Eine große Leidenschaft von Anny Zimmer ist nach wie vor das Schreiben. So verschickt sie viele handschriftlich verfasste Briefe mit authentischen Pfalzeler Geschichten an Bekannte. "Die Geschichten sind eingeheftet, die zeige ich Ihnen ein anderes Mal", verspricht sie. Puppen aus Porzellan

"Aber die Puppen, die müssen Sie noch sehen." Die Puppen: Das sind 65 kunstvoll gefertigte und gekleidete Porzellan-Puppen, die Agnes Böck hergestellt hat und die das Wohnzimmer dekorieren. Zur Ablenkung habe sie sich dieses Hobby angeeignet, sagt die resolut wirkende Frau. Doch das ist wieder eine andere Geschichte.

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