Etablierte Alternative

TRIER. Am Anfang stand harte Handarbeit. PCs gab es noch nicht, als die éditions trèves ihren Angriff auf den etablierten Literaturbetrieb starteten. Vor 30 Jahren erschienen die ersten Bücher des kleinen alternativen Verlags.

Das waren Zeiten, damals vor 30 Jahren! Die ersten Bücher der éditions trèves wurden noch auf einer Art Schreibmaschine gesetzt. "Ein riesiger technischer Aufwand", erzählt Rainer Breuer, einer der Männer der ersten Stunde bei dem alternativen Trierer Verlag. Welch eine Verbesserung, als IBM eine Maschine auf den Markt brachte, die eine ganze Seite speichern konnte und Korrekturen ermöglichte! "In den 80er-Jahren ist dann Gott sei Dank der PC erfunden worden", lacht Breuer. "Französisch war damals einfach schick"

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die éditions trèves bereits über die Region hinaus einen Namen gemacht. Ihre Geschichte begann 1974. Damals taten sich Grafiker aus der gesamten Republik in Trier zu einer losen Vereinigung zusammen und gaben eine Kunstliste heraus. Grafiken passen gut zu Texten - und so gesellten sich zu dem Grüppchen schnell Autoren hinzu. 1975, vor genau 30 Jahren, erschienen die beiden ersten Bücher: "Verdauungsschwierigkeiten" des Kronacher Autors Ingo Cesaro und "Der Stecher" des Trierers Hans Joachim Kann. "Es war eine Sensation, dass in Trier außer dem Bischof jemand Bücher druckte", sagt Breuer. Als Verlag verstanden sich die éditions trèves damals nicht. Man gab Lose-Blatt-Sammlungen mit Texten und Grafiken heraus, organisierte Konzerte und Ausstellungen. 1976 konstituierte sich der "Verein zur Förderung der künstlerischen Tätigkeiten/éditions trèves e.V.". Französisch sei damals einfach schick gewesen, erklärt Breuer. Immer mehr Autoren traten dem Verein bei, der Schwerpunkt verlagerte sich bald in Richtung Literatur. Schon 1975 hatten die éditions trèves ihre Bücher bei der Frankfurter Buchmesse präsentiert - und waren kaum wahrgenommen worden. Die Konsequenz: Zusammen mit anderen alternativen Verlagen organisierte die Truppe um Rainer Breuer 1977 in Frankfurt eine Gegenbuchmesse. "Das schlug ein wie eine Bombe. Redakteure aller großen Zeitungen kamen." Bis 1984 legte man diese Veranstaltung jedes Jahr neu auf, dann hatte sie sich überlebt: Kleine Verlage fanden inzwischen auch auf der "richtigen" Buchmesse ein Forum. 1985 gründeten die éditions trèves die Tufa mit, Rainer Breuer stand mehrere Jahre an deren Spitze. Bis heute organisiert der Verein dort hin und wieder Ausstellungen. Das Hauptaugenmerk liegt aber auf der Literatur. In den 80er-Jahren hoben die éditions die Reihe "tréves krimi" aus der Taufe. In den 90er-Jahren verlegte man vor allem Frauenliteratur. Bücher mit regionalem Bezug spielten immer eine wichtige Rolle - auch, wenn die meisten Autoren des Verlags nicht aus der Umgebung kommen. Mehr als 500 Werke sind inzwischen bei éditions trèves erschienen. Am Anfang ging es vor allem um Gesellschaftkritik, um linke Themen. Entsprechend groß war die Aufregung: Mit dem ersten Buch über das SS-Sonderlager Hinzert und der Bezeichnung "KZ" sorgte der Verlag für ein Skandälchen. Mitglieder "von der Linken bis zur CDU"

Der Anspruch, Autoren jenseits der großen Verlage ein Forum zu bieten, ist geblieben - auch wenn unter den 61 Mitgliedern des Vereins heute Strömungen "von der Linken bis zur CDU" vertreten sind, wie Breuer sagt. "Wir setzen auf eine Mischung zwischen Tradition und neuen Strömungen. Das muss nicht immer hoch geistig sein. Wir wollen, dass die Leute lesen." Das Geschäft ist härter geworden in den vergangenen Jahren, auch die éditions trèves bekommen die Konzentration im Buchhandel zu spüren. "85 Prozent unserer Kunden aus den 80er-Jahren existieren nicht mehr", berichtet Rainer Breuer. Finanziell sei es bei den éditions trèves "immer ausgesprochen knapp". Für jedes einzelne Projekt, um jede 50 Euro, wird gekämpft. Da müssen die Autoren auch schon mal was vorstrecken. Demoralisieren lässt sich die Truppe dadurch nicht. "Du hast eine Idee im Kopf und willst sie umsetzen", sagt Breuer. "Nach 30 Jahren weißt du, dass du schon sehr verrückte Ideen umgesetzt hast."

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