Europa - ein schwieriger Acker

Gleichbehandlung der heimischen Landwirtschaft im EU-Raum, Ausgleich für dioxingeschädigte Landwirte, Steillagenförderung und Weinbezeichnungen: Ein weites Feld hat der Bauern- und Winzerverband Trier-Saarburg in seiner Jahreshauptversammlung beackert. Mit dabei: Julia Klöckner als Vertreterin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Schweich. Der Kreisbauern- und Winzerverband hatte zur Jahreshauptversammlung ins Hotel Leinenhof nach Schweich geladen - und viele kamen. Die äußerlich lockere Zusammenkunft konnte nicht über die ernste Grundstimmung unter den Verbandsmitgliedern hinwegtäuschen. Der Dioxinskandal, seine teuren Folgen für betroffene Erzeuger sowie der dadurch verursachte Vertrauensschaden für die gesamte Landwirtschaft bewegten die Gemüter ebenso wie umstrittene Entwicklungen der europäischen Agrarpolitik.

Wieder fehlt ein Vertreter der Stadt Trier



In seinem Grußwort entschuldigte Kreisvorsitzender Walter Clüsserath Landrat Günther Schartz und Leo Blum, Präsident des Bauernverbands Rheinland Nassau, die wegen anderer Termine nicht teilnehmen konnten. Und wie "in allen Jahren" vermisste er den geladenen Trierer Oberbürgermeister oder seinen Stellvertreter.

"Wir fordern keine Besserstellung, aber eine Gleichstellung und die von der Bundesregierung versprochene Eins-zu-Eins-Umsetzung der EU-Normen", sagte Clüsserath. Dies beginne schon mit Kleinigkeiten. Als typisches Beispiel nannte er die Tüv-Intervalle für Pflanzenschutzgeräte: Die EU schreibe alle drei Jahre eine Untersuchung vor. Alle Länder hielten sich an diese kostensparende Regel, nur Deutschland verlange zweijährige Intervalle. Staatssekretärin Julia Klöckner, CDU-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl, versprach eine Klärung dieser Frage noch vor Ablauf ihrer Berliner Amtszeit. Weiter beklagte Clüsserath die wettbewerbsverzerrende Genehmigungspraxis bei Pflanzenschutzmitteln. Präparate, die bei luxemburgischen Winzern längst im Einsatz seien, kämen auf deutscher Seite wegen endloser Prüfverfahren nicht auf den Markt.

Gegen Kürzungen für benachteiligte Gebiete



Als völlig unverständliche Entscheidung bezeichnete Clüsserath den EU-Beschluss, die alten Weinpflanzrechte, die Weinanbau nur in klimatisch geeigneten und dafür ausgewiesenen Gebieten erlauben, ab 2015 aufzuheben. "Als hätten wir nicht schon zu viel Anbaugebiete in Europa", ärgerte sich der Redner. Seine weiteren Forderungen: Erhalt der bisherigen EU-Förderung deutscher Betriebe sowie keine Kürzungen bei der Förderung benachteiligter Gebiete.

Clüsserath: "Dieser geringe Ausgleich ist gerade im Mittelgebirgsraum Eifel/Hunsrück von Bedeutung und muss erhalten bleiben."

Schließlich forderte der Redner die Bestrafung der Schuldigen im Dioxin-Skandal, verbunden mit einer Entschädigung der betroffenen Landwirte, die durch verseuchtes Futtermittel nun schuldlos in die wirtschaftliche Schieflage geraten seien.

Dem mit deutlichem Beifall bedachten Redebeitrag schlossen sich Kreisbeigeordneter Dieter Schmitt und Michael Horper, Vizepräsident das Bauernverbandes Rheinland-Nassau, an. Horper: "Dies schien für uns alle ein gutes Jahr zu werden. Doch dann diese Futtermittelpanscherei von Leuten, die sich anschließend aus dem Staub machen."

Auch er forderte einen Ausgleich für Betroffene. Horper: "Der Schweinefleischmarkt begann gerade wieder zu laufen, die Exporte und Erträge stiegen, nun ist alles wieder im Rückgang. Und Russland stoppt die deutsche Einfuhren."

Meinung

Gedämpftes Klagelied

Sind die deutschen Bauern und Winzer ein Verein von notorisch Unzufriedenen und Anspruchsstellern? Wer ihre Zusammenkünfte besucht, wer mit den Funktionären, aber auch mit der Basis spricht, der könnte oft diesen Eindruck haben. Doch fast jede Interessengruppe unserer Gesellschaft trägt ihre Forderungen mitunter überspitzt vor, denn nur wer im pluralistischen Chor am lautesten singt, wird auch gehört. Die in Schweich formulierte Kritik in Beisein der Berliner Vertreterin Julia Klöckner erklang hingegen eher gedämpft. In der Vergangenheit gab es schon lautere Stimmen in dieser Versammlung. Wer grundsätzlich keine Besserstellung, sondern nur die Gleichstellung im Vergleich zu den Bauern- und Winzerkollegen in den europäischen Nachbarländern fordert, scheint sich mit dem Ist-Zustand arrangiert zu haben nach dem Motto: "Es könnte schlimmer kommen." f.knopp@volksfreund.de

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