Fallstricke auf dem Weg zur Ampel

In den vier Wochen bis zur ersten Sitzung des neuen Trierer Stadtrats wollen drei Parteien die Voraussetzung für einen Politikwechsel schaffen. Doch der Weg zu einem Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP könnte steinig werden.

Trier. Wie können drei Parteien ihre verschiedenen Interessen unter einen Hut bringen, um fünf Jahre lang Politik gemeinsam gestalten zu können? Diese Frage versuchen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP derzeit bei den Verhandlungen für ein Bündnis im Trierer Stadtrat zu beantworten. Der TV führt beispielhaft einige Knackpunkte auf.

Verkehr: Beim Dauerbrenner Moselaufstieg zur A 64 bildet das Parteien-Trio das ganze Spektrum ab: von Zustimmung (FDP), einer abweichenden Variante (Verlängerung der Konrad-Adenauer-Brücke, SPD) bis hin zur Ablehnung (Grüne). Das rot-grüne Steckenpferd Radfahren spielt bei den Liberalen nur eine untergeordnete Rolle.

Preisfrage: Wie viel Geld wofür ausgeben?



Umwelt: Für die Grünen ist der Umweltschutz das absolute Topthema. Die Genossen haben ihn in die Partei-Ideologie übernommen, im Zweifelsfall gehen ihnen aber soziale Aspekte vor. Für die gelbe FDP hat das Grün Grenzen: "Keine Umweltzonen in der Innenstadt", fordert das Wahlprogramm. Die Frage: Wie viel Geld sind die Parteien tatsächlich bereit zu investieren, um städtische Gebäude energetisch zu sanieren?

Wirtschaft: Bei ihrem Topthema können sich die Liberalen keine Kompromisse erlauben. Vom Leuchtturmprojekt Handwerkerpark in Trier-Feyen halten SPD und Grüne aber an dieser Stelle gar nichts. Die FDP fordert, wieder ein Wirtschaftsdezernat zu schaffen - und will für dessen Leitung ihren eigenen Chef Thomas Egger vorschlagen.

Haushalt: Auch beim Thema Finanzen hält die FDP die Fahne der Privatwirtschaft hoch. Privatisierung von Verwaltungsstrukturen und mehr öffentlich-private Partnerschaften dürften bei den anderen Parteien auf Vorbehalte stoßen. "Strikte Haushaltskonsolidierung" und "Folgekostenberechnung" klingen sehr nüchtern angesichts des Anspruchs, als neues Bündnis Entscheidendes zu verändern.

Kultur: Die SPD bricht eine Lanze für die Sanierung des Theaters und Fortführung als Drei-Sparten-Haus. Demgegenüber regt die FDP an, durchaus auch über die Struktur des Angebots nachzudenken.

Während die Liberalen das Römerspektakel "Brot und Spiele" unterstützen, monieren die Grünen das "Verschwenden städtischer Gelder in dunklen Löchern privatwirtschaftlich motivierter Einzelinteressen".

Bildung: Die FPD kündigt an, sich bei finanziellen Nöten "als letzte Alternative" auch der Schließung oder Zusammenlegung von Grundschulen nicht zu verweigern. Das widerspricht genau dem grünen Credo.

Die Integrierte Gesamtschule lehnt die FDP nach wie vor ab - ein Affront gegen das rot-grüne Lieblingskind.

Meinung

Alles hängt an der Ampel

Wer die bisherige Diskussion über die neue Mehrheit im Trierer Stadtrat verfolgte, musste den Eindruck gewinnen, das Ampel-Bündnis sei schon in trockenen Tüchern. Dazu haben die drei beteiligten Parteien selbst entscheidend beigetragen. Bündnis 90/Die Grünen preschten forsch mit der ersten Pressemitteilung über die Aufnahme von Verhandlungen vor. Der größte Partner SPD sprang prompt auf den Zug auf. Und auch die kleine FDP als Zünglein an der Waage ließ sich nach nur kurzem Zögern mitreißen. Alle haben sich schon sehr früh weit aus dem Fenster gelehnt. Mit der so entstandenen hohen Erwartungshaltung der Öffentlichkeit muss das Trio klarkommen. Sollten die Verhandlungen doch noch scheitern, wäre das umso peinlicher. Vor allem die derzeit gelähmte CDU würde sich schadenfroh ins Fäustchen lachen und könnte dann wieder so auftreten, wie es ihrem Selbstverständnis als Platzhirsch entspricht. Inhaltlich kommt es darauf an, ob Genossen, Grüne und Liberale ein wirksames Handlungsprogramm entwickeln können, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Bei der Bildungspolitik etwa könnte die FDP ihren Spar- und Anti-Gesamtschul-Kurs ohne Probleme beibehalten, weil andere Parteien Rot-Grün beispringen würden. Der Moselaufstieg spaltet zwar seit jeher die Meinungen, ist aber ohnehin auf viele Jahre hin unrealistisch. Personell geht es um die Frage, wer neben CDU-Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani und einem möglichen künftigen FDP-Wirtschaftsdezernenten Thomas Egger in den Stadtvorstand rückt. Oberbürgermeister Klaus Jensen jedenfalls winken als Sozialdemokrat ganz neue Möglichkeiten, weil er sowohl im Rat als auch im Stadtvorstand eine Mehrheit hinter sich hätte. Jensens Amtszeit endet zwar erst am 31. März 2015. Aber gerade jetzt werden die Weichen dafür gestellt, wie stark er - unterstützt von seiner Frau Malu Dreyer als Trierer SPD-Vorsitzenden - die Stadtpolitik prägen kann. All das hängt an der Ampel - und macht die Verhandlungen darüber so bedeutend wie kompliziert. m.hormes@volksfreund.de

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