Familie XXL: Elf unter einem Dach

Elf Menschen aus drei Generationen in einer 130 Quadratmeter großen Mietwohnung: Die Trierer Großfamilie Dahm ist außergewöhnlich. Neben ihren fünf Kindern versorgen die Eltern noch vier Enkelkinder.

Trier. Die Dahms entsprechen nicht unbedingt dem Bild einer deutschen Durchschnittsfamilie: Elf Personen leben unter einem Dach, verteilt auf 130 Quadratmeter. Drei Generationen teilen sich die Mietwohnung in Trier. Die jüngsten Mitglieder der Großfamilie sind gerade erst vier Wochen alt - Kimberley und Lucas heißen die Zwillinge.

Ihre Mutter ist die 17-jährige Jessica, sie wurde ungewollt schwanger, wollte abtreiben, hat sich aber für die Kinder entschieden und lebt nun bei ihren Eltern, Willi, 43, und Madeleine, 42. Genau wie ihre 21-jährige Schwester Nadja, die mit ihrer einjährigen Tochter und ihrem Freund ebenfalls in der Wohnung lebt. Die älteste Tochter ist mit ihrem Kind ausgezogen. Nachdem die Zwillinge da waren, war es zu eng in der Wohnung. Fünf Kinder, von 13 bis 22 Jahren, und vier Enkelkinder haben Willi und Madeleine Dahm.

Die Dahms sind eine Familie XXL. Eine sicherlich ungewöhnliche Familie: drei Töchter, die früh schwanger wurden. Da ist bei manchem schnell der moralische Zeigefinger oben, von vielen werden die Dahms womöglich als typische Problem-Familie abgestempelt. "Zu Unrecht", wie Helga Kudjer-Lauer vom Sozialdienst Katholischer Frauen in Trier sagt. Sie sieht in den Dahms sogar eine Idealfamilie. "Was wäre denn aus der 17-jährigen Jessica geworden, wenn ihre Eltern sie rausgeschmissen hätten?" fragt die Diplom-Pädagogin und gibt gleich darauf die Antwort: "Sie wäre völlig überfordert, bräuchte Hilfe, würde in einem Mutter-Kind-Heim leben und damit jede Menge Kosten verursachen." Womöglich hätten die Zwillinge auch in eine Pflegefamilie gemusst.

Für Kudjer-Lauer sind die Dahms eine funktionierende Großfamilie. "Wäre es in allen Familien so, hätten wir weniger Fälle von jungen Müttern, die ihre Kinder misshandeln oder aussetzen", sagt sie.

Und der jungen, vierfachen Oma scheint es gar nichts auszumachen, dass sie eigentlich nur noch für ihre Enkel da ist. "Alle regen sich immer auf, dass es zu wenig Kinder in Deutschland gibt. Aber auf Familien wie uns zeigen sie mit dem Finger", ärgert sich die 42-jährige Hausfrau. Natürlich seien sie und ihr Mann zunächst mal geschockt gewesen, als die 17-jährige Jessica ihnen gebeichtet habe, dass sie schwanger sei. Nun seien sie aber froh, dass sie nicht abgetrieben habe und bei ihnen wohnt. Sie wolle auf jeden Fall die Schule fertig machen und den Hauptschulabschluss erwerben, sagt die 17-Jährige.

Es passiere eben immer wieder, dass Minderjährige schwanger würden, sagte Pädagogin Kudjer-Lauer. Allein im vergangenen Jahr hatte die Beratungsstelle des Sozialdienstes 90 Anfragen von schwangeren Mädchen unter 19 Jahren. Nicht alle konnten zu Hause bleiben, viele hätten professionelle Unterstützung gebraucht, einige Kinder seien auch in Pflegefamilien untergekommen.

Die Dahms sind glücklich darüber, wie es jetzt ist - eigentlich. Nur die Wohnung ist zu klein für die Familie XXL. "Es ist schon verdammt eng. Morgens ab halb sieben, wenn alle aufstehen müssen, herrscht hier Chaos, es gibt Streit ums Bad", sagt Vater Willi Dahm. Daher suchen sie jetzt eine neue Wohnung. "Am liebsten ein Haus in Trier, in dem wir alle zusammenwohnen könnten", sagt der Maurer. Doch bislang waren ihre Versuche erfolglos. "Die hätten lieber an eine Familie mit zehn Katzen vermietet als eine mit neun Kindern", ärgert sich der 43-Jährige.

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