Fantasie weist den Weg

Einst lag er unscheinbar im ersten Stock eines Geschäftshauses in der Trierer Johann-Philipp-Straße. Nun weisen kunterbunte und originelle Aufsteller den Weg hinauf zu "Iceland", dem Ausbildungsladen der Caritas. Kreiert und gefertigt haben sie die Auszubildenden der "Learn-Factory" (Lern-Fabrik) gemeinsam mit "diezweibitte", einer studentischen Künstlergruppe.

 Quietschbunt und originell: Gemeinsam mit den Auszubildenden des Ausbildungsladens „Iceland“ hat die studentische Künstlergruppe „diezweibitte“ um Maurice Vink (Dritter von rechts) Wegweiser zum Laden kreiert. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Quietschbunt und originell: Gemeinsam mit den Auszubildenden des Ausbildungsladens „Iceland“ hat die studentische Künstlergruppe „diezweibitte“ um Maurice Vink (Dritter von rechts) Wegweiser zum Laden kreiert. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier. (mehi) Farbenprächtige Fantasie- und Comicfiguren stehen auf der Johann-Philipp-Straße - der Verbindung zwischen Konstantinstraße und Kornmarkt - "gehen" die Treppe hinauf in die erste Etage. Dort liegt Iceland, der Ausbildungsladen der Learn-Factory des Caritas-Verbandes. "Wir wollten einen Blickfang für die Kunden schaffen, damit sie den Weg zu uns hier hoch finden", sagt Margrit Buchholz-Weinert. Das haben sie erreicht; die Passanten bleiben stehen. "Wir haben uns gefragt: Wie können wir es schaffen, dass Kunden uns wahrnehmen?'", sagt die Standortleiterin. Da sei die Idee einiger FH-Studenten gerade richtig gekommen. "Ein Zufallsprodukt", bezeichnet die 41-jährige Pädagogin die Initiative der studentischen Künstlergruppe "diezweibitte". Diese machte in den drei Jahren ihres Bestehens bislang eher durch ausgefallene Magazine auf sich aufmerksam. Nun starteten sie etwas ganz Neues. Seit Frühjahr trafen sie sich mit den Auszubildenden regelmäßig samstags, um die Holzfiguren zu entwerfen, auszusägen, zu grundieren und zu bemalen. Die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen sei problemlos gelaufen, sagt Initiator Maurice Vink (25). "Dadurch, dass jeder mitwirken konnte, konnten sie sich austoben", sagt der angehende Kommunikations-Designer. Einige Figuren hätten die Azubis sogar ganz alleine gestaltet. "Ich fand die Idee cool", bestätigt Martina Schönhofen. "Es hat gut geklappt." Und das, obwohl viele, wie die 19-jährige Auszubildende zur Einzelhandelskauffrau, noch nie mit Holz gearbeitet haben.

Eine Etage höher warten farbenfrohe Kleidung, auch für Babys und Kleinkinder, bedruckte T-Shirts, Taschen und Accessoires auf Kundschaft. "Anfang des Jahres haben wir unser Sortiment komplett umgestellt", berichtet Buchholz-Weinert. Die isländische Outdoor-Kleidung ist raus, stattdessen gibt es Waren kleiner regionaler Hersteller und junger Designer. Vieles werde in Handarbeit hergestellt, sagt die Leiterin. "Wir haben uns ein kleines, feines, einzigartiges Sortiment zusammengesammelt."

Die Verkäufer sind benachteiligte Jugendliche, die in der Lern-Factory eine Ausbildung machen als Verkäufer, Einzelhandelsleute oder seit neuestem auch als Verkaufshelfer, ein Beruf im Reha-Bereich. "Wir sind die Einzigen, die das anbieten", sagt Buchholz-Weinert.

Gelernt wird in der "Learn-Factory" etwas anders. Es gibt Lerntage, an denen die Lehrlinge auch mal Berufsfremdes machen. Beispielsweise abstrakte Collagen aus Zeitungen herstellen. "Die haben unsere Azubis mit Acrylfarben nachgemalt", erzählt Buchholz-Weinert. Wahre Kunstwerke sind herausgekommen - zu bestaunen im Verkaufsraum. "Wir sind selbst total überrascht - da sind einige Talente dabei." Kreatives Talent zeigten die Azubis auch bei den hölzernen Aufstellern. "Das ist mal etwas anderes, das nicht der Norm entspricht", sagt Schönhofen.

Extra Im Ausbildungsladen "Iceland" der Caritas Learn-Factory werden zurzeit 22 Jugendliche, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben, überbetrieblich zu Verkäufern, Einzelhandelsleuten und Verkaufshelfern ausgebildet. Dort erwerben sie praxisnah fundierte Kenntnisse in den Bereichen Warenkunde, Beratung und Service. Sie absolvieren aber auch Berufspraktika in Kooperationsbetrieben. Zudem werden schulische Defizite aufbereitet sowie persönliche und soziale Kompetenzen erweitert. Die ersten fünf Azubis haben bereits ihre Abschlussprüfung vor der IHK bestanden, eine wurde sogar als Prüfungsbeste ausgezeichnet. (mehi)

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