Feuer und Flamme für spanische Rhythmen

Die älteste Flamenco-Tänzerin Deutschlands lebt in Kenn bei Trier. Marion Friedrich, eine 75 Jahre junge, fröhliche Optimistin, die noch immer auf der Bühne steht. Demnächst zum Beispiel in Bangkok.

Trier/Kenn. "Tanzen ist mein Leben." Wenn es sie "packt", dann passiert es schon mal, dass die gebürtige Hamburgerin plötzlich auf der Straße tanzt - im Café, im Zug. Flamenco ist Tempo, Dynamik, Leidenschaft, Konzentration und Temperament - ein "Cocktail", aus dem auch Marion Friedrich gemixt ist.

Schwarze Locken, knallroter Lippenstift, ein Flamenco-Kleid, das ihr in Madrid auf den Leib geschneidert wurde, klapperndes Schuhwerk. Dann beginnt ihr Tanz. "Ich sehe kein Publikum, ich tanze. Das ist genug."

Virtuose Drehungen folgen, das Spiel der Hände und wippender Hüften, der weite Rock wogt und schwingt, kreist und senkt sich, die Füße stampfen im Rhythmus. Die 75-Jährige ist Feuer und Flamme für den Flamenco. Einem Tanz, der vor über 500 Jahren von Zigeunern aus Indien nach Spanien gebracht wurde.

Tanzen wollte Marion Friedrich ja schon immer, doch das Leben spielte zunächst eine andere Melodie. Krieg, der Tod des Vaters, ein Haushaltsjahr im Kloster, eine kaufmännische Lehre, dann Ausbildung zur Physiotherapeutin, Heirat, zwei Söhne Ronald (53) und Robert (34). Ein Leben im Zeitraffer. Doch da gab es auch immer die Zwischentöne: die Musik von Louis Armstrong, die sündteuren Tanzschuhe und das Kleid - beides lang von den 18 Mark Lehrlingsgehalt abgestottert. Der allererste Tanzabend. Die neuen Stepptanzschuhe, ihre Stepp-Show beim ersten Turnfest Deutschlands in Hamburg, viele andere Stepp-Auftritte überall.

Aber erst in Trier, der Heimat seit 1975, trifft Marion Friedrich auf den Flamenco. Sie ist bereits 50. Sie sieht den Film "Carmen", in dem Regisseur Carlos Saura den Flamenco zum Kult erhebt. Eine Reise nach Santa Cruz in das Land dieses Tanzes folgt. Das Feuer ist entfacht. Marion Friedrich will ihn lernen, diesen schwierigsten aller Tänze. Zuerst bei Ivan Cabanas in Trier, dann bei Marco Garcia in Luxemburg, wo sie im Capucintheater ihre ersten Solo-Auftritte feierte. Schließlich in Granada, wo die Gitanos, die Zigeuner, die hohe Kunst der Improvisation lehren.

Seitdem hat das Lernen für Marion Friedrich nie aufgehört. Seitdem brachte sie aber auch als Flamenco-Lehrerin vielen hundert Trierern ihre Kunst bei.

Ist dies nun das Ende vom Lied? Mitnichten. Marion Friedrich, die nie fernsieht, weil das alles zu negativ ist, die zum Lächeln auffordert, weil das jung erhält - sie wird weiter tanzen. "In Spanien treten 90-Jährige auf. Das geht hier in Trier auch."

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