Firma aus Föhren rettet 60 Arbeitsplätze
Freudiges Aufatmen in Saarburg: Der insolvente Kunststoffverarbeiter Tectro wird von der in Föhren (Verbandsgemeinde Schweich) ansässigen Firma Noatec gekauft. Die Föhrener garantieren den Bestand von derzeit 60 Arbeitsplätzen.
Saarburg/Föhren. Am Freitagnachmittag wurden im Saarburger Stadtteil Beurig Nägel mit Köpfen gemacht. Die Tectro-Gesellschafterversammlung stimmte dem Verkauf an Noatec zu. Eine Nachricht, die die Tectro-Belegschaft und -Geschäftsführung mit Freude erfüllte. Wenn die Kaufverträge Anfang nächster Woche unter Dach und Fach gebracht werden, ist die lange Insolvenzzeit des seit Jahren gebeutelten Traditionsunternehmens vorbei.
"Das sind keine Heuschrecken"
Tectro-Hauptgeschäftsführer Horst Molitor war am Freitag bestens gelaunt. Er sagte über sich und seine Mitarbeiter: "Die Stimmung ist blendend!"
Molitor - einst Betriebsratsvorsitzender bei Tectro - war im Oktober 2009 von Insolvenzverwalter Thomas Schmidt zum Geschäftsführer und technischen Leiter des Unternehmens ernannt worden. Persönliche Kompetenz und langjährige Erfahrung wurden Molitor nachgesagt.
Offenbar hat der Insolvenzverwalter einen guten Griff getan. In den wenigen Monaten seiner unternehmerischen Verantwortung hat Molitor nach eigenem Bekunden innerhalb der Insolvenz den Tectro-Umsatz verdoppelt und zusätzlich neue Kunden gewonnen. So beispielsweise die luxemburgische Firma Raval Europe, die im Tankmanagement für die Automobilindustrie tätig ist. Aber auch Bescheidenheit und Dankbarkeit schwingen in Molitors Worten mit, wenn er sagt: "Unsere bisherigen Kunden haben uns die Stange gehalten."
Die Produktpalette von Tectro zielt genau in die Branchen Maschinen- und Automobilbau. Spritzgussteile aus Kunststoff nach individuellen Vorgaben für alle möglichen Einsatzzwecke sind eine Spezialität der Saarburger Fabrik.
Die Leute von Noatec haben eine Weltneuheit patentieren lassen. Ihr Sprühbehältersystem ohne Treibgas könnte den Einsatz von Spraydosen entbehrlich machen, und ein revolutionärer Handfeuerlöscher soll demnächst auf den Markt kommen (der Trierische Volksfreund berichtete ausführlich in seiner Ausgabe vom 3. Juni).
Kuriosität am Rande: Der Kontakt zwischen Tectro und Noatec kam zustande, weil Horst Molitor die Föhrener zunächst als Kunden gewonnen hatte. Sein Urteil: "Das sind vertrauenswürdige Leute - keine Heuschrecken."
Die neuen Partner gehen mit großem Optimismus in die Nach-Insolvenz-Ära. Horst Molitor rechnet damit, dass sich aufgrund der Auftragslage die Belegschaft der Tectro bis 2011 mindestens verdoppeln wird. Der Traditionsname Tectro soll in dem neuen Unternehmen erhalten bleiben. Vorgesehene Firmierung: Tectro SMT GmbH.
Über die weiteren Unternehmensziele und Geschäftspläne soll die gesamte Tectro-Mannschaft (57 in Vollzeit, drei in Teilzeit) Anfang Juli in einer Betriebsversammlung informiert werden.
Meinung
Saarburger Märchen
Die 60 Mitarbeiter des Saarburger Kunststoffverarbeiters Tectro haben am Freitag ihr ganz persönliches Sommermärchen erlebt. Die Firma wird verkauft, die Zukunftsaussichten sind offenbar gut, und sogar ein Jobwunder könnte geschehen, wenn die Pläne der neuen Führung am Markt Realität werden. Das ist allen Beteiligten und dem Saarburger Land zu wünschen, wo die industriellen Arbeitsplätze vergleichsweise dünn gesät sind. Wirklich bemerkenswert aber ist das Durchhaltevermögen der Beuriger Belegschaft samt Management, die es geschafft haben, ein leckgeschlagenes Schiff mit Geduld und Sachverstand aus rauer See in die Werft zu steuern. e.kullick@volksfreund.deextra Seit 2006 kamen von der Saarburger Tectro nur schlechte Nachrichten. In diesem Jahr musste der Betrieb, der auf eine saarländische Gründung aus dem Jahr 1937 zurückgeht, zum ersten Mal Insolvenz anmelden. Mehr als 200 Menschen standen seinerzeit noch auf der Lohnliste des Kunststoffspezialisten. Nach Analysen des damaligen Insolvenzverwalters war eine wesentliche Ursache für die Schieflage der Firma im völlig unkaufmännischen Wirtschaften des Managements zu suchen. Mehrere Besitzerwechsel folgten, das Damoklesschwert der Pleite schwebte stets über der Produktionsstätte im Saarburger Stadtteil Beurig. Ein zweites Insolvenzverfahren traf die Firma. Im Mai 2009 war die Belegschaft bereits auf 150 Mitarbeiter geschrumpft, die kaum Hoffnung auf ein Weiterleben ihrer Firma hatten. Der neuerliche Sanierungskurs forderte seinen Tribut. Die Belegschaft wurde weiter ausgedünnt. Im Oktober 2009 entschloss sich der Insolvenzverwalter, den langjährigen Betriebsratsvorsitzenden Horst Molitor zum Geschäftsführer und technischen Leiter des Unternehmens zu machen. Inzwischen war die Belegschaft der Tectro auf die aktuelle Zahl von 60 Mitarbeiter geschrumpft. (ek)