Folgenschwere Zentralbankpolitik

Karl Marx

Zur Berichterstattung über die geplante Karl-Marx-Statue in Trier:

Marx scheint sich in der hiesigen Presse zurzeit in Art und Stellplatz eines oder mehrerer Denkmäler zu erschöpfen. Die Chinesen haben es vorgemacht. Schlagersänger Guildo Horn ist auf die Idee gekommen, sich selbst durch ein Denkmal in Erinnerung zu halten.
Die hiesigen Ökonomen: machen bis jetzt keinen Versuch, Marx als Ökonom zu respektieren. Dabei ist seine makroökonomische Theorie vom tendenziellen Fall der Profitrate nichts weiter als das, was Ökonomen als Nachfrage stimulierende staatliche Budgetpolitik fordern, allerdings nicht mit einem Systemwechsel verbunden.
Alles erfolgt in einem Auf und Ab von Zyklen, die wesentlich länger als normale Konjunkturzyklen dauern. Es kommt zu Innovationsschüben, die die wirtschaftliche Entwicklung beflügeln und in aller Regel den Massenwohlstand vermehren.
Die schöpferische Zerstörung, die den Keim des neuen Aufschwungs legt, wird heute allerdings von den Zentralbanken der Welt verhindert, indem sie die Zinsen so tief und die Vermögenswerte durch den Kauf von Wertpapieren so hoch halten, dass die Blasen nicht mehr platzen. Und wenn sie platzen, wird die Rückkehr der Vermögenswerte auf ihr Normalniveau verhindert.
Die Eigentümer der Alt-Unternehmen und die Finanzanleger begrüßen die Interventionen der Notenbanken, weil sie durch die Kredite aus der Druckerpresse und die damit einhergehende Null- und Negativzinspolitik vor herben Vermögensverlusten bewahrt werden.
Aber genau deshalb kommt der neue Aufschwung nicht zustande. Dieses Siechtum sieht wie eine säkulare Stagnation mit fallenden Profitraten aus, die aufgrund der Erschöpfung der Investitionsmöglichkeiten zustande kommt. Sie ist aber in Wahrheit durch eine an Partikularinteressen orientierte Zentralbankpolitik verursacht. Durch diese Maßnahmen betreibt die Europäische Zentralbank eine regionale Investitionslenkung zugunsten der Standorte in Südeuropa.
Im Endeffekt könnte sich Marx' Behauptung, der Kapitalismus werde am Fall der Profit rate zugrunde gehen und dem Sozialismus den Weg ebnen, auf diese Weise doch irgendwie bewahrheiten, wenn auch etwas anders, als Marx es sich gedacht hatte.
Dr. Walter Krug
Trier

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