Freiheit ist nicht gleich Freiheit

Für die Menschen hier im Westen bedeutet Freiheit, dass der Einzelne unveräußerliche Rechte hat: Glaubens- und Meinungsfreiheit zum Beispiel und das Recht auf Eigentum. Diese individuellen Rechte bilden die Grundlage der westlichen Demokratien, und sie sind auch Grundlage der Legitimität der politischen Parteien.

So erklärt sich, dass hierzulande extreme Parteien, die diese Rechte nicht achten, verboten werden.Im Orient und besonders in der arabischen Kultur dagegen ist der Freiheitsbegriff nicht mit dem Individuum verbunden, sondern mit der Gemeinschaft, dem Kollektiv. Freiheit meint nach diesem Verständnis die Rechte der Familie, des Stamms, des Staates oder der Religion. Diese Kollektive stehen nach islamisch-arabischem Verständnis über der Einzelperson. So erklärt sich auch Existenz der nationalen Parteien und der Parteien des politischen Islams: Sie legen größten Wert auf den Begriff "Nation".Der einzelne Mensch genießt im Westen Vorrang vor der Familie. Er kann seine Entscheidungen an den eigenen Vorstellungen ausrichten. In den östlichen Kulturen sind die gesellschaftlichen Beziehungen dagegen familiär orientiert. So braucht man beispielsweise vor einer Hochzeit die Zustimmung der Familie. Die arrangierte Ehe ist dort sehr verbreitet. Kein Individuum kann im Osten wirklich unabhängig sein, weil die Bindung an die Familie über dem Individuum steht.Dass Kinder in einem gewissen Alter aus dem Elternhaus ausziehen - hier in Deutschland eine Selbstverständlichkeit - wird im Osten als Beleidigung der Familie verstanden.Alle reden über Muslime - von diesen selbst ist dagegen wenig zu hören. Deshalb schildert Ayad Abed Lateef (Foto: privat), ein in Konz lebender gebürtiger Iraker, in seiner Volksfreund-Kolumne, wie er und seine arabischen Freunde Trier erleben. Er erzählt, was hier ganz anders ist als in ihren Herkunftsländern, und findet unerwartete Gemeinsamkeiten. Lateef stammt aus der irakischen Hauptstadt Bagdad und verließ sein Heimatland aus politischen Gründen. Er promoviert an der Uni Trier und möchte später als Journalist arbeiten. Kolumne Neue Heimat

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