"Fremdkörper"vor Gericht
TRIER. Die Auseinandersetzung um das umgebaute Anwesen Friedrich-Ebert-Allee 2 in Trier beschäftigt jetzt die Justiz. Nachdem der Stadtratsausschuss die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung weitestgehend bestätigt hat, ziehen Nachbarn und Bauherr nun vor das Verwaltungsgericht.
Handelt es sich um einen "baulichen Fremdkörper" oder fügt sich das völlig umgestaltete Anwesen Friedrich-Ebert-Allee 2 noch in das umliegende Bau-Ensemble ein? Das ist der Kern der Auseinandersetzung, die seit Monaten die Gemüter in Friedrich-Ebert-Allee und Merianstraße bewegt. Nachdem das umstrittene Bauvorhaben (der TV berichtete mehrfach) zwischenzeitlich realisiert wurde, muss sich nun das Verwaltungsgericht der Sache annehmen: Nachbarn und Investor haben Klage gegen einen Widerspruchsbescheid der Stadt eingereicht, der die Baugenehmigung aus dem Frühjahr 2004 weitgehend bestätigt. Dem Bescheid vorausgegangen war eine Ortsbesichtigung mit Nachbarn sowie Vertretern des Investors, der Bauverwaltung und des Stadtrechtsauschusses. Das Ergebnis: Lediglich die Genehmigung für zwei Stellplätze, die unmittelbar an das Grundstück der jetzt klagenden Nachbarn grenzen, wurde aufgehoben. Ansonsten aber verstoße die Baugenehmigung weder gegen Abstandsvorschriften der Landesbauordnung noch gegen das Rücksichtnahmegebot des Baugesetzbuches. Eine Entscheidung, mit der weder Nachbarn noch Investor glücklich sind: Während letzterer seine Stellplätze einklagen will, stellen die Nachbarn Thomas Steinmetz und Christel Hontheim-Monz nach wie vor die gesamte Baugenehmigung in Frage. Und nachdem aus einstigen Plänen nun Realität geworden ist, fühlen sie sich in ihren ursprünglichen Bedenken mehr denn je bestätigt. Von einer "erdrückenden Wirkung" spricht Christel Hontheim-Monz, und nicht nur Thomas Steinmetz will das Nachbargebäude kaum noch wiedererkennen. Tatsächlich hat das Haus nur noch wenig gemein mit jenem Domizil, das einst Charles de Gaulle beherbergte. So musste das charakteristische Walmdach einem Satteldach mit Gauben im Dachaufbau weichen. Zum Nachbargrundstück hin wurden drei Balkone angebracht und auf einem Großteil des Anwesens Stellplätze angelegt. Dennoch behauptet der Stadtrechtsausschuss in seiner Begründung zum Widerspruchsbescheid: "Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung fügt sich das Vorhaben (...) in die Eigenart der näheren Umgebung ein" und sei auch "hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht zu beanstanden".Mit komplettem Rückbau rechnet niemand
Spätestens hier streiten sich die Geister. Der Anwalt der Nachbarn, Jürgen Hött, bezeichnet die Veränderungen als "für die gesamte Umgebung untypisch". Schon die Balkone sorgten dafür, dass "das Hausanwesen zwischenzeitlich eine völlig andere Gestaltung aufweist" als die benachbarten Mehrfamilienhäuser. Der "Charakter des gesamten Viertels" werde "maßgeblich beeinflusst" durch einen "Fremdkörper", der sich "noch nicht einmal ansatzweise" in das Stadtquartier einfüge, so Hött. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot des Baugesetzbuches liege deshalb vor. Nun muss das Verwaltungsgericht entscheiden. Ein Ortstermin ist bereits angesetzt, doch die Entscheidung wird nicht nur Ansichtssache sein. Im Gegenteil: Nachdem der Umbau vollständig abgeschlossen ist, dürfte die "normative Kraft des Faktischen" greifen. Im Klartext: Dass das Verwaltungsgericht die ursprüngliche Baugenehmigung vollständig aufhebt, erwartet ernsthaft niemand. Schließlich wäre der Investor dann gezwungen, das inzwischen wieder bewohnte Haus erneut um- und rückzubauen. Schadensersatzforderungen von Gilbers & Baasch an die Stadtverwaltung, welche dann eine rechtswidrig erteilte Baugenehmigung zu verantworten hätte, wären sehr wahrscheinlich. Thomas Steinmetz hofft derweil auf einen Präzedenzfall und darauf, dass "so etwas in Zukunft nicht mehr genehmigt werden kann". Dem soll auch die für das Stadtviertel geplante Erhaltungssatzung dienen. Doch die lässt weiter auf sich warten. Ursprünglich für April angekündigt, wird sich der Stadtrat frühestens Ende September mit einem Satzungsentwurf befassen.