Protest „Es gibt keinen Planeten B“

Trier · Rund 800 Demonstranten machen in Trier mit beim Schülerprotest Fridays for Future.

 Fridays for Future: Rund 800 Menschen zogen am Samstag durch die Trierer Innenstadt.

Fridays for Future: Rund 800 Menschen zogen am Samstag durch die Trierer Innenstadt.

Foto: TV/Christiane Wolff

„Schulschwänzer, Schulschwänzer“, schreit ein Mann mittleren Alters auf dem Viehmarkt den Pulk an. Dazu fuchtelt er wild mit dem rechten Arm in der Luft herum. „Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut“, brüllen hunderte Demonstranten zurück. Beeindrucken lassen sich die Kinder und Jugendlichen nicht von dem einzelnen Erwachsenen. Zumal etliche andere auf ihrer Seite sind: Studenten, Eltern, Großeltern, Lehrer, Kommunalpolitiker haben sich dem Protestzug angeschlossen.

Dabei richtet sich der Fridays-for-Future-Protest eigentlich gegen die älteren Generationen: Diese – beziehungsweise deren politischen Vertreter – haben nach Ansicht der Schüler schließlich den Schlamassel verursacht. Auch, weil sie viel zu spät, viel zu wenig und viel zu inkonsequent gegen den menschengemachten Klimawandel kämpfen.

Zu den Älteren gehören auch Marliese Witt (68) und Monika Reiber (70) aus Greimerath, die auf den Domfreihof gekommen sind, um den Jugendprotest zu unterstützen. Persönlich hätten sie sich schon sehr früh für regenerative Energien eingesetzt. Seit 2004 hat Reiber eine Solaranlage auf dem Dach ihres Hauses. Dass der Klimaschutz in ihrer Generation allerdings eher auf das bürgerschaftliche, private Engagement beschränkt war und die Politik viel zu wenig getan habe, sei eine Tatsache, meinen die beiden älteren Damen.

Dieser Meinung ist auch Henry Hofmann: „Wir sind mit der Arbeit der Regierung, was die Bekämpfung des Klimawandels angeht, absolut nicht zufrieden, wir bestreiken deshalb die Schulen, um Druck zu machen“, sagt der 15-Jährige, der in Kasel wohnt und Mitorganisator der Trierer Fridays-for-Future-Proteste ist. Den Vorwürfen, dass nur demonstriert wird, um schulfrei zu haben, hält der Gymnasiast entgegen: „Die Organisation der Demos ist ein unglaublicher Aufwand. Es muss alles angemeldet werden, Banner, Plakate, Technik für die Redebeiträge müssen besorgt werden. Das alles ist viel Arbeit. Wollten wir einfach Schule schwänzen, würden wir uns in McDonald’s setzen oder zu Hause Videospiele spielen.“ Dass einige Teilnehmer nur kommen, um nicht im Unterricht sitzen zu müssen, sei natürlich nicht abzustreiten. „Aber das ist definitiv die Minderheit“, ist Hofmann überzeugt.

Es ist das zweite Mal, dass die Fridays-for-Future-Bewegung zum weltweiten Protest aufgerufen hat. In 1700 Orten und Städten rund um den Globus– davon 300 in Deutschland – sind am Freitag Schüler auf die Straße gegangen. In Trier rechneten die Veranstalter mit rund 500 Teilnehmern. Es kamen allerdings augenscheinlich deutlich mehr. Schon auf dem Domfreihof zählten die Schüler, ausgerüstet mit speziellen mechanischen Zählgeräten, durch: 800 seien es da gewesen.

Die allermeisten der jungen Leute sind voll dabei, singen, hüpfen, schreien und skandieren. Bequemes Schuleschwänzen sieht anders aus. „Act now, or swim later“ („Handelt jetzt, oder schwimmt später“) steht auf einem der Plakate in Anspielung auf das Abschmelzen der Polkappen. „There ist no Planet B“ („Es gibt keinen Planeten B“), heißt es auf einem anderen Schild, mit dem eine Schülerin der Trierer Martin-Grundschule im Protestzug mit durch die Neustraße zieht. Ja, auch Grundschüler sind dabei – zusammen mit ihren Lehrern. „An unserer Schule gibt’s derzeit zum dritten Mal die Projekttage ,Grüne Woche’, und ich bin mit der Projektgruppe Klimaretter hier“, sagt Schulleiter Sebastian Mertes. Am Tag zuvor haben die Grundschüler Bäume gepflanzt. „Bäume nehmen CO2 aus der Luft auf und speichern es“, erklärt der zehnjährige Jakob. Früh übt sich, wer ein Klimaschützer werden will.

Die Fridays-for-Future-Bewegung hat mittlerweile feste Ziele formuliert. Ronja Heimann, 15 Jahre, aus Gusterath betont: „Wir fordern, dass bis Ende 2019 ein Viertel aller Kohlekraftwerke in Deutschland abgeschaltet wird, bis 2030 soll Deutschland komplett aus der Braunkohle aussteigen. Außerdem fordern wir, dass Deutschland bis 2035 klimaneutral wird und dass das Pariser 1,5-Grad-Ziel eingehalten wird.“

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