Frische Frösche und exotische Früchte

Trier/Xiamen · Für ein Jahr leben und studieren Elisa Limbacher und Andreas Lehrfeld in der chinesischen Millionenstadt Xiamen. Im Volksfreund erzählen sie von ihren ganz persönlichen Erlebnissen, die sie in und mit Triers neuer Partnerstadt im fernen Osten machen. Chinas Küche steht im Fokus des ersten Teils unserer Artikelserie.

„Chinesen essen alles, was vier Beine hat, außer Tische, und alles, was Flügel hat, außer Flugzeuge.“ Mit diesem und anderen Klischees im Hinterkopf sind wir vor einem Monat nach China in Triers Partnerstadt Xiamen aufgebrochen, um über ein Jahr hinweg Eindrücke von diesem Land und dieser Stadt zu sammeln.Wie wohl für die meisten Trierer war der Ferne Osten bislang terra incognita (frei übersetzt: unbekanntes Fleckchen Erde) für uns, auch wenn wir uns schon seit zwei Jahren mit dem Reich der Mitte beschäftigen. Wir wollen wissen und testen: Welche Klischees sind wahr? Und welche falsch? Widmen wir uns erst einmal einer großen Liebe der Chinesen – dem Essen. Es ist ein weitverbreitetes Klischee, Chinesen würden so ziemlich alles essen, was Mutter Natur hervorbringt. Dazu lässt sich sagen: Essen steht hier definitiv im Mittelpunkt, teilweise bestehen ganze Straßenzüge nur aus Restaurants und Essensständen. Es gibt lokale Spezialitäten mit Fisch und Meeresfrüchten, regionale chinesische Küche von Peking-Ente bis zu scharfer Sichuan-Küche und ost- beziehungsweise südostasiatische Speisen. Und wenn uns dann doch mal nicht wirklich nach chinesischem Essen zumute ist oder der Magen wegen der vielen fremden Gewürze Achterbahn fährt, dann bleiben uns noch die westlichen Fast-FoodRestaurants, von denen es hier wohl wesentlich mehr gibt als in Trier.

Aber: Chinesisches Essen ist lecker! Wäre es unser einziges Kriterium, dann wären wir schon längst hierher ausgewandert. Mehrmals in der Woche zieht es uns auf den Straßenmarkt, wo wir uns mit (noch) lebenden Garnelen, selbst gemachten Nudeln, frisch geerntetem Gemüse und anderen Leckereien eindecken.

Aber was für ein Schock, wenn vor unseren Augen Hühner, Enten, Frösche und sogar Schildkröten zu Frischfleisch verarbeitet werden. Dann vielleicht lieber in den Supermarkt? Aber auch hier erwarten uns kulinarische Eindrücke der asiatischen Art. Exotische Früchte in allen Formen, Farben und Gerüchen sowie getrocknete Pflanzen und Meerestiere mit einem uns fremden Aroma sind die Höhepunkte eines jeden Supermarktbesuchs in Xiamen. Alles zu schön, um wahr zu sein? Nein, das natürlich nicht: Wer – wie wir – gerne an einem Frühstücksbrot knabbert, lernt hier zu verzichten. Ebenso verhält es sich mit Mineralwasser, Käse oder Marmelade, auch Kaffee und Schokolade sind Luxusgüter.

Unser Fazit lautet: Unser kulinarisches Vorurteil gegenüber den chinesischen Essenssitten hat sich nicht bestätigt. Wahr ist, dass das Essen hier exotischer ist, aber Insekten, Spinnen oder dergleichen haben wir auf keinem Grill entdeckt. Dafür sind Lebensmittel frischer und auch wesentlich günstiger. Und wer sich darauf einlässt, darf sich über wirkliche kulinarische Hochgenüsse freuen – egal ob man nur die Universitätsmensa, das kleine Restaurant mit lokalen Spezialitäten um die Ecke oder die Restaurants gehobenerer Preisklasse besucht. zad/yz

In ihrer nächsten E-Mail aus Xiamen berichten Elisa Limbacher und Andreas Lehrfeld über ein weniger leckeres Thema – nämlich ihr chinesisches Kakerlakenproblem.

extra

Xiamen ist eine Küstenstadt im Südosten der Volksrepublik China. Das Zentrum der Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt liegt auf einer dem Festland vorgelagerten Insel. Die Stadt gehört zu den Wirtschaftszentren des chinesischen Küstengebiets und wurde vor kurzem zur saubersten Stadt Chinas gewählt. Xiamen wurde seit 1541 von Europäern als Handelshafen genutzt und war im 19. Jahrhundert der Hauptexporthafen für Tee. In Xiamen gibt es mehrere führende Universitäten, unter anderem betreibt die Xiamen University das Konfuzius-Institut an der Universität Trier (Quelle: Wikipedia).

Die Städtepartnerschaft zwischen Trier und Xiamen soll nach einer Vertragsunterzeichnung im vorigen Jahr in China am 11. November auch in Trier formell besiegelt werden. Aus Xiamen reist dazu eine fünfköpfige Delegation an, die Partnerschaftsurkunde wird in einer feierlichen Stadtratssitzung unterschrieben. In Trier pflegt die 2008 gegründete Deutsch-Chinesische Gesellschaft die Partnerschaft (www.dcg-trier.de).

Es gibt aber auch kritische Stimmen: die katholische Arbeitnehmerbewegung Trier, die Grünen und die Arbeitsgemeinschaft Frieden hatten in der Vergangenheit gefordert, dass die Themen Menschenrechte sowie Sozial- und Arbeitsstandards auf die Agenda der Städtepartnerschaft gesetzt werden. In Xiamen gibt es eins der vielen chinesischen Arbeitslager für Strafgefangene, die unter dem Motto „Umerziehung durch Arbeit“ stehen. (woc)

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