Frischer Glanz in der guten Stube

Trier · Das Stadtbild in Triers "guter Stube" ist wieder komplett: Nach viereinhalbmonatiger Restaurierung ist der Petrusbrunnen auf den Hauptmarkt am Samstag feierlich enthüllt worden. Rund 500 Zuschauer waren dabei.

Um in Trier zum Enthüllungshelden zu werden, muss man keine Geheimdienst-Erkenntnisse ausplaudern. Joachim Zimmer zeigte am Samstag, dass es auch viel einfacher geht. Als die über den Petrusbrunnen gestülpte Schutzplane an Wasserhähnen festhing und sich nicht ohne Beschädigungsrisiko abziehen ließ, schritt der 1,98-Meter-Mann beherzt zur Tat, erklomm das Becken und löste die Plane. "Blöderweise", so Zimmer, kam ihm niemand zu Hilfe. So dauerte es einige Minuten, bis er die Plane so zurechtgezupft hatte hatte, dass Restaurator Thomas Lutgen und Feuerwehrmann Sebastian Bretz, der die Drehleiter steuerte, sie widerstandslos von oben abziehen konnten.

Angesichts dieses von den rund 500 Besuchern mit einer Mischung aus Amüsement und gebanntem Staunen verfolgten Spektakels verstummte selbst die Stadtgarde Augusta Treverorum. Dann setzte sie doch noch einmal an und spielte die passende musikalische Untermalung weiter bis zum Ende des Enthüllungsschauspiels. Um 12.15 Uhr kamen Petrus und die anderen Figuren des Hauptmarktbrunnens nach viereinhalbmonatiger Restaurierungspause endlich wieder zum Vorschein.

Im Gegensatz zur 1983er Runderneuerung des Denkmals war die Publikumsmeinung diesmal einhellig: Mission gelungen! Vor 30 Jahren hatte mancher Trierer den vom Grauschleier befreiten und in barocker Farbenpracht erstrahlenden Figurenbrunnen als "zu knallig, zu bunt, zu kitschig" kritisiert.418 Jahre altes Denkmal

Dass der 1595 erbaute Brunnen mit der ihn krönenden Figur des Stadtpatrons Petrus technisch und optisch wieder auf Vordermann gebracht werden konnte, ist der Trier-Gesellschaft zu verdanken. Der Denkmalrettungsverein übernahm die Bauherrschaft und setzte in Zusammenarbeit mit der Stadt das wichtige Inventarstück des Hauptmarkts so in Stand "dass es uns Trierern und jährlich Millionen von Gästen mindestens auch die nächsten 30 Jahre Freude bereitet", hofft OB Klaus Jensen.

Was der Petrusbrunnen und der Hauptmarkt den Trierern bedeuten, machten Lieselotte Haupers und Peter Singer deutlich, indem sie den Stadtpatron "sprechen" ließen. Im Gedicht der Mundartinterpretin kommt der über die Erde wandernde Apostelfürst zu dem Schluss, in Triers guter Stube sei es "schiener als wie im Himmel". Schauspieler Singer ließ als "Brunnenflüsterer" mehr als 400 Jahre Stadtgeschichte in 15 Minuten Revue passieren. Friedrich Spee, Karl Marx, Kaiser Napoleon - viele Große der europäischen und der Weltgeschichte sind am Petrusbrunnen vorbeigezogen.

Zur Feier der Enthüllung dekorierten OB Jensen und Karlheinz Scheurer, der Vorsitzende der Trier-Gesellschaft, die Figur des Stadtpatrons mit einer neuen Vase, selbstverständlich gefüllt mit einem Blumengebinde in den Stadtfarben Gelb und Rot.

Erstmals nach jahrelanger Pause sprudelte auch endlich wieder Wasser, das aber nur für die Zeit der Feier. Scheurer kündigte für das kommenden Frühjahr ein "richtiges" Brunnenfest an: Es soll im Rahmen des zehnten Ostermarkts der City-Initiative Trier (2. bis 6. April) auf dem Hauptmarkt gefeiert werden.

Die Brunnen-Wiederbelebung hat knapp 107 000 Euro gekostet. Rund 45 000 Euro davon hat die Trier-Gesellschaft beigesteuert, unterstützt durch die TV-Spendenaktion "Meine Hilfe zählt". Es war das 100. Projekt des Denkmalrettungsvereins seit seiner Gründung 1982.

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