Früher war alles besser

TRIER. "Ahmet nicht die Alten nach, lernt nur von ihnen", heißt es in "Weg und Ziel" (1909) von Johanna Baltz. Das Werk dient dem Theaterstück "O tempora, o mores" als Vorlage. Die Premiere fand statt im Rahmen der Wiedereröffnung der Fachhochschule am Paulusplatz.

 Philosophieren über den Text von Johanna Baltz: Die "Sich-Nicht-Beirren-Lassende" (Anne Wenzel) und der "Versuchs-Charmeur" (Ingo Isabettini).Foto: Christian Jöricke

Philosophieren über den Text von Johanna Baltz: Die "Sich-Nicht-Beirren-Lassende" (Anne Wenzel) und der "Versuchs-Charmeur" (Ingo Isabettini).Foto: Christian Jöricke

"Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen und warmen Abend." Ein Teil dieser Begrüßung von Franz Putschögl mutete etwas ironisch an: In dem überfüllten Raum der renovierten Fachhochschule am Paulusplatz war es so heiß, dass die Kleidung am Körper klebte. Kein Scherz war jedoch das Lob des Dekans an die Studenten der Innenarchitektur, die zur Wiedereröffnung des Gebäudes in Eigeninitiative ein Theaterstück auf die Beine gestellt hatten. "O Tempora, o mores" ("Oh Zeiten, oh Sitten") lautet der Titel des Stückes, der sich auf einen Ausspruch Ciceros bezieht. Als Vorlage dient das Festspiel "Weg und Ziel" von Johanna Baltz. Die Lyrikerin und Dramatikerin aus Arnsberg schrieb das Stück 1909 anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Kunst- und Gewerbevereins Trier. Der Regisseur Jan-Christoph Krug hat das immer noch zeitgemäße Original umgewandelt in eine moderne Collage, bestehend aus Musik und Videosequenzen.Generationenkonflikt: Eine antike Thematik

Krug hat sich die Kritik der Vorlage zu Herzen genommen, die den ignoranten und uneigenständigen Umgang mit der Kunst tadelt. "Ahmet nicht die Alten nach, lernt nur von ihnen, lasst das Eigene bleiben stets euer eigen auch", heißt es bei Baltz. Mit zahlreichen Zitaten unterstreicht Krug in seiner Fassung des Stücks diese Mahnung. Darüberhinaus zeigt er auf, dass das übergeordnete Thema "Generationenkonflikt" bis in die griechische Antike zurückgeht. "Ich habe keine Hoffnung mehr für die Zukunft unseres Volkes, wenn diese Zukunft von der leichtfertigen heutigen Jugend abhängt", beklagte so auch schon Hesiod um 700 vor unserer Zeitrechnung. "Die Jugend will immer recht haben und ist voller Widerrede." In mehreren Szenen aus kurzen Dialogen und mit zehn Darstellern versucht Krug, weder diesem Klischee zu entsprechen, noch dieses zu widerlegen. Vielmehr geht es ihm um eine differenzierte, abwägende Betrachtungsweise. Dem Zuschauer bleibt es überlassen, sich eine eigene Meinung zu bilden über die Jugend, das Alter und alles, was dazwischen liegt. Dass vermutlich die Ansicht der älteren Besucher sich von der der jüngeren unterscheidet, ist - so auch die Intention des Stücks - nicht ungewöhnlich.Musikalische Zweiseitigkeit

Auf jeden Fall gehen die Meinungen über die musikalischen Einschübe auseinander. Zwar passen die Hip-Hop-Nummern von Mario Limmer (THM Squad) gut ins Stück, da sie den vielzitierten Wunsch nach Eigenständigkeit erfüllen. Jedoch fällt das am Beginn und am Ende ebenfalls von Limmer vorgetragene, monotone Weltschmerzgejaule, das den Rahmen bilden sollte, völlig aus dem selben. "O tempora, o mores" dauert eine gute Stunde. Wer sich im Anschluss daran die ausgestellten Semester- und Diplom-Arbeiten der Innenarchitekten und Kommunikationsdesigner anschaut, sieht sie vielleicht mit anderen Augen. Weitere Aufführungen: heute und morgen, jeweils um 21 Uhr in der FH am Paulusplatz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort