Frühjahrsärger um den Weihnachtsmarkt

Trier · Mehr als 200 Händler bewerben sich Jahr für Jahr für den Trierer Weihnachtsmarkt. Doch es gibt nur 95 Verkaufshäuschen. Wer seine Waren anbieten darf, entscheidet eine private Firma. Dagegen wehrt sich heute vor dem Trierer Verwaltungsgericht ein Anbieter italienischer Spezialitäten.

 Seit Jahren bieten beim Trierer Weihnachtsmarkt überwiegend gleiche Händler die gleichen Waren am gleichen Platz an. Anbieter, die nicht zum Zuge kommen, ärgert das. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Seit Jahren bieten beim Trierer Weihnachtsmarkt überwiegend gleiche Händler die gleichen Waren am gleichen Platz an. Anbieter, die nicht zum Zuge kommen, ärgert das. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Trier. Salami, Pasta, Olivenöle und Parmaschinken - alles importiert aus Italien - gehören zum Sortiment der Bella Italia Group. Der Spezialitätenhändler aus Hentern (Verbandsgemeinde Kell am See) ist in der Region und auch in Luxemburg auf Märkten unterwegs. "Vor Weihnachten ist ganz besonders unser italienisches Mandelgebäck beliebt", sagt Bella-Italia-Mitarbeiterin Jill Feil. Auch auf dem Trierer Weihnachtsmarkt wäre Bella Italia gerne dabei. Seit Jahren schon bewirbt sich Inhaber Roberto Cortella immer wieder. "Aber entweder erhalten wir gar keine Antwort, oder eine Absage mit der lapidaren Begründung ,kein Platz\', wenn der Markt schon begonnen hat", seufzt Jill Feil.
Die Entscheidung, wer auf dem Trierer Weihnachtsmarkt seine Ware verkaufen darf und wer nicht, trifft die Firma Bruch, die im Auftrag der Stadtverwaltung den Markt organisiert (siehe Extra). "Es ist zwar in Ordnung, dass diese Aufgabe an eine private Firma vergeben wird - aber die Stadt muss bei so einer Veranstaltung zumindest ein letztes Kontrollrecht haben. Sonst könnte man meinen, die Firma Bruch treffe ihre Entscheidungen willkürlich", sagt Rechtsanwalt Karl-Heinz Hörcher.
Firma Bruch ist selbst Aussteller


Am heutigen Dienstag vertritt er vor dem Trierer Verwaltungsgericht die Firma Bella Italia: "Wir wollen vom Gericht feststellen lassen, dass die Stadt die Händlerauswahl nicht komplett einer privaten Firma überlassen darf, die zudem noch selbst mit Fahrgeschäften auf dem Markt präsent ist und so persönlich in die Entscheidungen involviert ist."
Alle Händler müssen sich Jahr für Jahr bei der Firma Bruch - ursprünglich eine Schaustellerfamilie - mit Sitz in Andernach neu bewerben. 95 Verkaufshäuschen sind zu vergeben. Jedes Jahr sind es aber mehr als doppelt so viele Bewerber. "Händler, die schon länger dabei sind und deren Warenangebot attraktiv ist, erhalten den Vorzug", erklärt Angela Bruch. "Wenn das Angebot oder die Präsentation der Waren sich verschlechtert, werden langjährige Beschicker allerdings auch schon mal abgelehnt."
Der Wechsel ist jedoch überschaubar: Im vorigen Jahr waren zwei Neue dabei, in manchen Jahren ändert sich an der Zusammensetzung nichts. "Auf Händler, die bereits seit Jahren kommen, können wir uns auf Dinge wie die Sortimentsqualität, Sauberkeit, Sicherheit und die gute Zusammenarbeit verlassen", begründet Angela Bruch den fixen Anbieterkreis.
Die Trierer Keramikmeisterin Elke Gerber-Eckert hat für das Auswahlverfahren Verständnis. Auch sie hatte sich einige Mal erfolglos beworben, bevor sie 2010 eine Zusage erhielt und seitdem dabei ist.
"Die Zahl der Verkaufshäuschen ist begrenzt - daran ist eben nichts zu ändern", sagt Gerber-Eckert. "Aber ich habe auch den Eindruck, dass sich die Familie Bruch sehr um eine gute Händlerauswahl bemüht - etwa, dass es nicht zwei Stände mit der gleichen Ware gibt. Und es wird auch sehr darauf geachtet, dass die Händler etwas Besonderes anbieten, damit der Markt attraktiv ist - ich finde das fair!"
Kommunale Verantwortung


Rechtsanwalt Hörcher hält dagegen: "Für die Händler muss der Gleichheitsgrundsatz gelten, das Auswahlverfahren muss transparent und begründet sein. Und verantwortlich dafür sein muss bei so einer traditionsreichen Veranstaltung auf einem öffentlichen Platz im Herzen Triers die Stadtverwaltung!"
Der hessische Verwaltungsgerichtshof sieht das ähnlich: Auch in Offenbach hatte das Rathaus einer privaten Firma die Händlerauswahl für den Weihnachtsmarkt überlassen - und ein Händler dagegen geklagt. "Aus dem Gebot der Sicherung und Wahrung des Aufgabenbestandes der Gemeinden ergibt sich, dass eine vollständige Übertragung von Aufgaben besonderer sozialer, kultureller und traditioneller Prägung wie ein Weihnachtsmarkt an Dritte nicht zulässig ist", urteilte der hessische Verwaltungsgerichtshof 2009 in zweiter Instanz. Die Stadtverwaltung müsse sich daher "wesentliche Grundentscheidungen" vorbehalten, "insbesondere die Letztentscheidung über den gesetzlichen Zulassungsanspruch der potenziellen Marktbeschicker", heißt es im Urteil.
Die Voraussetzungen in Offenbach waren allerdings nicht ganz dieselben wie in Trier: Offenbach hatte seinen Weihnachtsmarkt anfangs in Eigenregie organisiert und dann erst an eine Privatfirma übergeben. Die Firma Bruch organisiert den Trierer Weihnachtsmarkt dagegen bereits seit dessen Premiere vor 33 Jahren.Extra

Zuletzt hat die Stadt 1992 den Vertrag mit der Firma Bruch über die Organisation des Trie rer Weihnachtsmarkts erneuert: Bruch zahlt der Stadt für die knapp vierwöchige Nutzung des Hauptmarkts eine Gebühr von 31 500 Euro. Alle Kosten - zum Beispiel für Müllentsorgung, Auf- und Abbau, Werbung, Rahmenprogramm - übernimmt die Firma Bruch. Die Stadt hat kein Mitspracherecht bei Händlerauswahl oder bei der Höhe der Standmieten. Der Vertrag zwischen Stadt und Bruch läuft noch bis 2016. Ob er anschließend fortgeführt wird oder die Stadt die Organisation selbst übernimmt - etwa mit ihrer in Planung befindlichen neuen Tourismus-Gesellschaft - ist offen. woc

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