Kolumne Vorfall zwischen Fußgänger und Autofahrerin: Drei Straftaten in 20 Sekunden

Meinung | Trier · Beleidigungen und Anfeindungen sind leider häufig auf den Straßen Triers. Doch ein Vorfall ist vollkommen maßlos, schreibt unser Autor. Ein Beitrag seiner Kolumne „Straßenkampf“.

Fußgänger pöbelt Autofahrerin in Trier an: Vier Straftaten in 20 Sekunden am Südbahnhof
Foto: Roland Morgen

Immer wieder berichten Leser von schimpfenden Autofahrern. Pöbelnde Radfahrer tauchen auch oft auf. Die Stimmung auf den vollen Straßen Triers ist oft aggressiv. Doch ein Vorfall, den ich kürzlich am Südbahnhof in Trier beobachtet habe, setzt dem ganzen die Krone auf.

Ich bin zu Fuß mit meinem Sohn unterwegs, morgens um kurz nach 8 Uhr. Ein Mann mit lila T-Shirt und Rucksack kommt aus Richtung der Unterführung, die am Südbahnhof Trier-Süd mit Heiligkreuz verbindet. Der Mann geht einfach auf die Straße. Ich weiß nicht, ob er das absichtlich tut oder einfach unaufmerksam ist. Ein Auto muss jedenfalls harsch bremsen. Ob die junge Frau am Steuer in dem Moment gestikuliert oder etwas sagt, bekomme ich nicht mit – nur das, was folgt. Und das hat es in sich.

Innerhalb kürzester Zeit rotzt der Fußgänger der Frau auf die Windschutzscheibe, ruft „Sieg Heil“ und eine üble Beleidigung auf sexueller Basis hinterher. Die Frau scheint perplex, ich versuche meinen Sohn abzulenken. Für einen Sekundenbruchteil scheint der verbale Ausfall sogar weiter zu eskalieren. Doch der Mann verzieht sich, die offensichtlich geschockte Frau fährt weiter. Wir auch.

Mein Sohn fragt sofort, was das Schimpfwort bedeutet. Solche Worte ist er nicht gewohnt. Weil ich den Kleinen nicht gefährden will und auch, weil es so schnell geht, mische ich mich nicht in die Situation ein. Ein paar Minuten später – da ist mein Sohn im Kindergarten – rufe ich bei der Polizei an, schildere den Vorfall und biete mich als Zeugen an. Der Polizist notiert Namen und Adresse, bedankt sich und legt auf.

Weil ich nun – etwa acht Wochen nach dem Vorfall – nichts weiter gehört habe, gehe ich davon aus, dass die junge Autofahrerin die Taten nicht angezeigt hat. Irgendwie finde ich das enttäuschend. Ist unsere Gesellschaft wirklich schon so verroht, dass man drei Straftaten einfach ignoriert? Das Rotzen könnte man wohl als tätliche Beleidigung auslegen (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren), dann wären da zusätzlich eine Beleidigung (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) und eine Volksverhetzung (Freiheitsstrafe: drei Monate bis fünf Jahre).

Egal, was die Gründe sind. Es ist traurig, dass jemand wie dieser Mann durch die Stadt läuft und die Menschen belästigt, ohne Konsequenzen zu spüren. In diesem Sinn: Immer locker bleiben. Grüße aus dem Straßenkampf.

c.kremer@volksfreund.de

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