Ganz schön hölzern, so ein echter Trierer

Trier · Design ist keine Erfindung der Neuzeit: Auch in vergangenen Jahrhunderten haben die Menschen ihren Einrichtungsgegenständen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Einige Möbel haben es auch ins Museum geschafft.

Trier. Derzeit sind im Stadtmuseum Simeonstift in Trier alte Möbel ausgestellt: Wer bei der Sonderausstellung "Aufgemöbelt" allerdings an Nierentische und Ohrensessel aus den 1970er Jahren denkt, liegt falsch. Bis zum 25. Oktober bietet die Schau Einrichtungsstücke von der Renaissance bis ins 19. Jahrhundert und damit erstmals einen Überblick über die städtische Möbelsammlung. Damit unterstreicht sie die Kunstfertigkeit des Trie rer Schreinerhandwerks. Zudem geht sie der Frage nach, ob es ein Trierer Möbel gibt. Museumsmitarbeiterin Kathrin Schug erklärt besondere Exponate der Schau und stellt sie im Trierischen Volksfreund vor. Truhe, um 1575, vermutlich Tirol: Diese Truhe ist das älteste Stück der Sammlung. Vermutlich wurde sie Ende des 16. Jahrhunderts in Tirol angefertigt, die Jahreszahl 1575 ist als Schnitzerei an der Frontseite angebracht. Solche Truhen sind die Vorgänger unserer heutigen Schränke und wurden gerne - gefüllt mit Kostbarkeiten für den Haushalt - jungen Brautpaaren zur Hochzeit geschenkt.Pyramidensekretär, um 1830 Weltweit konnte kein Vergleichsstück für dieses extravagante Möbel aus der Trierer Sammlung ausfindig gemacht werden: Derart einzigartig ist dieser Pyramidenschrank aus der Biedermeier-Epoche. Einige Einrichtungsideen, die wir noch kennen, wurden in dieser Zeit erfunden, zum Beispiel der Vitrinenschrank oder das Vertiko. Der Pyramidenschrank setzte sich jedoch nicht langfristig durch.Kästchen mit Wismutmalerei, um 1600 Vermutlich hat dieses Kästchen im 17. Jahrhundert einer Dame ein Lächeln ins Gesicht gezaubert: Herren, die zur Kur waren, haben solche Behältnisse ihren Liebsten mitgebracht - gefüllt mit Souvenirs und Leckereien. Dieses Kästchen wurde wohl um 1600 hergestellt. Die Malerei auf Wismutgrund zeigt einen Mann, der beherzt auf eine Frau zutritt und ihr eine Kette mit rundem Anhänger überreicht. Ein Liebesbeweis? Gar ein Hochzeitsantrag? Der Hintergrund ist heute nicht mehr genau zu beleuchten. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde das Kästchen jedoch in Ulm gefertigt.Bettseiten, erste Hälfte 19. Jahrhundert Heute sind die Seitenbretter der Betten meist von bestechender Schlichtheit. Diese Beispiele hier aus dem frühen 19. Jahrhundert stammen aus dem moselländischen Raum und zeigen, mit wie viel Liebe und Sorgfalt bäuerliche und handwerkliche Haushalte ihre Schlafmöbel damals dekoriert haben: Hier finden sich Blumenmuster, Werkzeuge und sogar das Antlitz Christi.Prunkstuhl des Kurfürsten Johann Philipp von Walderdorff, um 1765 Der Kurfürst Johann Philipp von Walderdorff hatte einen erlesenen Geschmack - den er sich auch gerne etwas kosten ließ: Dieser Stuhl mit den erlesenen Verzierungen stammte aus der legendären Manufaktur von Abraham Roentgen in Neuwied. Der Kurfürst zählte damals zu seinen besten Kunden. Zum Sitzen war diese Kostbarkeit schon damals zu schade: Der Stuhl diente ausschließlich repräsentativen Zwecken.Trierer Schrank, um 1770 Lothringisch, süddeutsch, luxemburgisch - es gibt viele Möbelstile, die den Raum Trier beeinflusst haben. Aber gibt es auch ein typisches "Trierer Möbel", das nur hier gebaut wurde? Ja. Und dieser Schrank ist ein typischer Vertreter: dreigeschossiger Aufbau, Mittelbrett, geschwungene Bekrönung und grafische Marketerien - so sieht nur ein echter Trie rer aus.Kommode sans traverse, um 1780 Eigentlich würde diese Kommode als waschechter Franzose durchgehen: Strenge Formensprache, quaderförmiger Korpus, Schubladen ohne Traversenbalken und abgeschrägte Ecken sind typisch französische Kennzeichen. Dass dieses Möbel aber tatsächlich in Deutschland hergestellt wurde, verraten die Pfostenbauweise, die starken Bretter der Schubladenfronten und das verwendete Nadelholz. So haben stilbewusste deutsche Schreiner sich schon im 18. Jahrhundert vom Stil des Nachbarn inspirieren lassen.

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