Gastronomie leidet unter kühlen Sommertagen

Trier · Der Sommer verwechselt derzeit die Hundstage offenbar mit der Schafskälte. Darunter leiden die Gastronomen, deren Terrassen deutlich schlechter besucht sind als sonst im Juli. Zusätzlichen Kummer bereitet ihnen die Gebührenerhöhung für die Außenflächen. Die Viehmarkt-Wirte wollen sich dagegen wehren.

Trier. "Schauen Sie doch einfach raus", sagt Paul Hauptmann auf die Frage, wie stark sich das wechselhafte und kühle Wetter auf den Betrieb seines Lokals am Kornmarkt auswirke.
"Normalerweise müsste die Terrasse um diese Zeit voll besetzt sein." Statt dessen sitzt am Samstag Nachmittag unter bedrohlich aufgetürmten Wolken, aus denen es gerade aber mal nicht regnet, etwa ein Dutzend Leute an den Tischen - Platz wäre für 120 Gäste. "Natürlich merken wir das auch am Umsatz", sagt Hauptmann, der seit sieben Jahren die Mischung aus Café, Bistro, Restaurant und Vinothek betreibt. Ganz der geborene Rheinländer, nimmt er die Lage dennoch gelassen: Da die Temperaturen im Hochsommer kaum noch tiefer sinken können, kann es ja nur noch besser werden: "Eben habe ich sogar die Heizpilze eingeschaltet."
Ein paar Meter weiter nimmt auch der Betreiber der "Louisiana"-Filiale die Hundskälte gelassen: "Wir machen sicherlich diesen Monat weniger Umsatz als im Vorjahr", räumt Eric Naunheim ein, aber dramatisieren wolle er die Lage auch nicht: "Dann essen die Leute halt drinnen", sagt er und verweist auf den gut gefüllten Innenraum des Restaurants.
Nicht überall wechselt das Publikum aber so einfach von der Terrasse nach Innen: Viele Besucher des Viehmarktes etwa kommen dorthin, um auf dem weitläufigen Platz an der Sonne oder unter dem Sternenhimmel zu sitzen - bei Kälte oder Regen bleiben sie aber gänzlich fern.
Das stellt Anis Briki jedenfalls fest, der im Havanna am Viehmarkt arbeitet. "Auch drinnen und in unserem Club ist einfach weniger los, wenn es so kühl und regnerisch ist", sagt er, während ein paar Meter weiter Mehmet Kirisikoglu kopfschüttelnd vor seiner Imbiss-Kneipe "Ali Baba" sitzt: "Seit dem Altstadtfest geht das jetzt schon so", sagt er. Dabei muss natürlich auch für den Platz, auf dem Stühle und Tische gerade wieder verwaist im Nieselregen herumstehen, eine Gebühr bezahlt werden. Ausgerechnet für die laufende Saison hat die Stadt die Beträge um im Schnitt 20 Prozent erhöht (siehe Extra).
Wirte fechten Bescheid an


Die Gebührenerhöhung, die im vergangenen Jahr beschlossen wurde, soll der Stadt Mehreinnahmen von rund 72 000 Euro bringen. Den Anteil, den die Gastronomen davon bezahlen, kann die Stadt nicht einzeln beziffern, denn diese Sondernutzungssatzung regelt auch beispielsweise Gebühren für Feste, Werbeständer, Infostände oder Verkaufsstände. Vier der am Viehmarkt ansässigen Wirte haben Widerspruch gegen die Satzung eingelegt. Sie stört nicht nur die Erhöhung der Gebühren, sondern auch die Sondersituation am Viehmarkt: Der jüngste Gebührenbescheid wie auch die Satzung berücksichtigten nicht die hohe Zahl an Nutzungs-Einschränkungen für die Wirte dort, zuletzt etwa durch Peter-und-Paul-Messe und Altstadtfest, sagt Robert Nieporte, der Anwalt der Wirte. Er arbeitet nun an der Begründung des Widerspruchs, über den dann der Stadtrechtsausschuss entscheiden muss. Im günstigsten Fall wird den Wirten ein Teil der Summe erlassen. Im ungünstigsten will Nieporte gegen die komplette Satzung vorgehen.

Meinung

Höhere Gebühren sind kein Tabu
Die Wirte am Viehmarkt habe es nicht leicht: Weil der Platz so groß und gut erreichbar ist, wird hier auch gerne groß gefeiert. Viele Leute sind aber nicht gleichbedeutend mit viel Umsatz, das erleben die Wirte immer wieder. Dass sie nun darauf pochen, die Stadt müsse diese Sondersituation berücksichtigen, ist nachvollziehbar und sollte entsprechend geändert werden. Nachvollziehbar ist aber auch, dass die Stadt mit ihrem Schuldenberg alle Einnahmen erhöht, auf die sie überhaupt Einfluss hat. Wenn Schul-essen und die Schülerbeförderung teurer werden, die Hundesteuer steigt, ein Kultureuro eingeführt wird und alle möglichen Eintritts- und Nutzungsgebühren städtischer Einrichtungen erhöht werden, dann darf auch eine Erhöhung der Gebühren bei den Wirten kein Tabu sein. m.schmitz@volksfreund.de
Extra


Die Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen wurden vom Stadtrat am 16. November 2010 geändert, die Erhöhung gilt seit 1. Januar. Die Gebühr wird berechnet nach der genutzten Quadratmeterzahl. Dabei wird zwischen vier Zonen unterschieden. Zone 1 umfasst den Kernbereich der Fußgängerzone darunter Hauptmarkt, Kornmarkt und Porta-Nigra-Vorplatz. Hier beträgt die Gebühr 9,20 Euro pro Quadratmeter pro Monat (vorher 7,67 Euro). In Zone 2 liegen die Außenbereiche der Fußgängerzone mit Viehmarkt und Basilika-Vorplatz. Gebühr: 7,40 Euro (vorher 6,14 Euro). Zone 3 ist ein Ring drumherum zwischen Moselufer von Konrad-Adenauer-Brücke bis Peter-Lambert-Straße, Hauptfriedhof bis Bergstraße über die Olewiger Straße zurück zur Konrad-Adenauer-Brücke. Gebühr: 4,90 Euro (vorher 4,09 Euro). Zone 4 ist die restliche Stadt. Gebühr: 2,50 Euro (vorher 2,05). mic

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