Gedenkkonzert mit "KZ-Musik" hinterlässt tiefe Eindrücke

Trier · Ein Programm mit höchsten Ansprüchen an Mitwirkende und Publikum: Zweieinhalb Stunden Musik, die in Nazi-Konzentrationslagern entstanden ist, von zu Unrecht vergessenen Komponisten, verbunden mit Erinnerungen an Deportationen aus der Region. Ein mutiges Experiment, initiiert von Schülern. Ein Erfolg.

Trier. Ganz am Ende rückt das Grauen greifbar nah: Wenn vom Band die Originalaufnahme des Kinderchors aus Hans Krasas Märchenoper "Brundibar" ertönt, aufgenommen 1944 in Theresienstadt. Es war wohl die letzte von mehr als 50 Aufführungen im Konzentrationslager, der Komponist, die Musiker und die kleinen Sänger wurden wenige Tage später nach Auschwitz transportiert und dort ermordet.
Es ist der Schlusspunkt unter einem bewegenden Nachmittag in der Trierer Basilika. Man wolle "den Opfern ihre Würde zurückgeben", so hat Pfarrer Guido Hepke die Veranstaltung eingeleitet. Die Opfer, das sind in diesem Fall 13 Komponisten, die im KZ oder Gefängnis gegen den Nazi-Wahn anschrieben. Und damit vielen Menschen, denen unfassbare Willkür alles genommen hatte, wenigstens ein winziges Stück Kultur bewahrten.
Die Initiatoren um die 17-jährige Schülerin Salome Sanchez-Suska müssen enorme Mühe investiert haben. Die Beschaffung des Notenmaterials, die Gewinnung von Unterstützern, die Kombination von engagierten Nachwuchskünstlern mit Profis: Es ist echte Erinnerungsarbeit, die an diesem Nachmittag in der Basilika Früchte trägt.
Gelungen auch die Idee, Trie rer und Luxemburger unter ein Dach zu bringen. Kein leichtes Unterfangen, waren das Großherzogtum und seine jüdischen Bürger doch vor 70 Jahren Opfer ihrer deutschen Nachbarn.
Doch die Schüler und Dozenten des Trierer Angela-Merici-Gymnasiums und des Luxemburger Konservatoriums sind sich der schwierigen Geschichte bewusst. Akribisch, aber ohne Pathos werden die Leidenswege von Opfern aus der Region nacherzählt, anhand von Tagebuchaufzeichnungen, Briefen, Zitaten. Kein Wort zu viel, kein Drücken auf die Tränendrüse - die Texte sprechen für sich, lassen die Degradierung von Menschen zu "Vieh", wie eines der Opfer schreibt, erschütternd nachvollziehbar werden.
Musik gegen Entmenschlichung


Dagegen steht die Musik, als entschiedener Versuch, sich nicht entmenschlichen zu lassen. Es sind ganz unterschiedliche Stilrichtungen, von der volksliedhaften Melodik eines Hugo Löwenthal über die ergreifend-einfachen Lieder von Ilse Weber bis hin zu hochkarätig-differenzierten Kompositionen von Künstlern wie Gideon Klein, Viktor Ullmann oder Hans Krasa. Gemeinsam sind ihnen der melancholische Grundton, hinter dem man das Leiden spürt, und die Fragezeichen, die man auch da heraushört, wo Unbeschwertheit ausgedrückt werden soll.
Ein Programm mit Hand und Fuß, erstaunlich reif für die jungen Macher, dem Thema angemessen, beklemmend für die 250 Zuhörer, denen der Beifall zwischendurch schwer von der Hand geht. Um so entschiedener die Anerkennung am Schluss. DiL

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