Leserbeitrag Gedicht einer verhinderten Stadtführerin
Trier · Von Kaiser Augustus bis Karl Marx: Viele wichtige Stationen der bewegten Geschichte der Stadt Trier und ihre Persönlichkeiten lässt unsere Leserin Bettina von Engel in einem Gedicht Revue passieren.
Gedicht einer verhinderten Stadtführerin
März 2020, Corona-Krise
Von Kaiser Augustus bis OB Leibe
fand in Trier so mancher seine Bleibe
der eine kürzer, der andre bis heute
die Stadt es bisher nicht bereute.
2000 Jahre hat Trier im Gedächtnis
Rom hinterließ ihr ein großes Vermächtnis
Von der Porta zu den Thermen,
die heute nicht mehr erwärmen,
von der Basilika zum kurfürstlichen Garten
wo die antiken Götter auf uns warten
vom Theater der Gladiatoren
wo die Sieger zu Helden erkoren
Verlierer zum Tode verdammt.
Eine vergangene Welt insgesamt,
die beeindruckt durch Schönheit und Macht
wie der Dom und Liebfrauen bei Nacht
Da ist Triers Symbol: die Porta
das Tor von dem aus Triers Aorta
die Simeonstraße zum Marktplatz führt
und man die Bedeutung der Stadt schon spürt.
Im 2. Jahrhundert aufgebaut
ist sie in Würde und Anstand ergraut .
Was sie so lange am Leben gehalten
war nicht die Liebe zu den alten
Römern, die sie aus Ruhmsucht einst errichtet
und nicht zum Schutz der Stadt verpflichtet,
sondern die Kirche, die aus der Porta geboren
600 Jahre lang Trier zum Heil erkoren
und schönste Romanik erschaffen hat
bis zum heutigen Tag eine große Tat.
In der Nähe steht das Dreikönigenhaus
heute geht man da ein und aus,
einstens das beste Café in der Stadt
ist‘s heute Lokal, wie es so manche hat,
mit der schönsten Fassade ausgeschmückt
ist dem Architekten eine Harmonie geglückt
aus romanischen und gotischen Stilelementen
wo einst die Stile sich scharf trennten.
Den Namen trägts, weil es früher Hotel
für Kölner Marktleut gewesen sein soll
die mit den Reliquien angegeben
die aus Mailand geklaut, im Kölner Dom weiterleben,
und den Ruhm der Stadt Köln uneinholbar gemacht
und Trier bis heut‘ davon profitiert ganz sacht.
Aus dem Mittelalter dann Triers Zentrum und Seele
der Markt, Brunnen und Kreuzesstele,
das einstige Rathaus mit bewaffnetem Ritter
der mit drohender Haltung und Visier-Eisengitter
dem Bischof von gegenüber Aggression demonstriert
damit der Kaiser endlich die Stadt regiert.
Die Kirche dann, St. Gangolf , einem Mann geweiht,
der heilig gesprochen weil, mit der Frau entzweit,
ihr Liebhaber ihn ehrlos erschlagen hat.
So folgt fromme Belohnung einer solchen Tat.
Doch auch einen Türmer gab‘s auf dem Turm
der die Städter warnte vor Feuer und Sturm,
der die späten Trierer nach Hause rief
bis ein jeder gehorsam nach Hause lief.
Seine Frau, die Arme aß eine Menge
bis die Treppe für sie schließlich zu enge
ihr Sarg nicht mehr in den Abgang passte
bis ihn von oben ein Lastenkran fasste.
Der Brunnen, vom Kurfürst an die Stadt geschenkt
hat schon immer die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt
die vier Tugenden der Antike lächeln uns an,
und fordern die Politik auf mit heit‘rem Elan,
das zu tun, was einer Stadt gut bekommt
und allen klugen Politikern frommt :
Stärke, Maß und Recht zu wahren
um so den Respekt der Bürger zu erfahren.
Wie das Wasser, das stetig den Brunnen füllt,
soll stets Heil und Gutes kommen, das für alle gilt.
Dann kommen wir zur Geschichtslegende,
die auf Lateinisch von Anfang bis Ende
die Entstehung Triers dokumentiert
und den gesunden Verstand torpediert.
Am Roten Haus, am Markt an der Ecke
vom Brunnen nur eine kurze Strecke,
lernen wir Trebeta kennen aus dem fernen Osten ,
der auf Semiramis Kosten
nach einer jungen blonden Ausschau hält
und in Liebe zu ihr verfällt,
beschließt mit ihr die Stadt zu gründen
um eine Legende zu erfinden,
die Rom und der Kirche das Image stiehlt
indem sie eine Gründungszeit empfiehlt ,
die vor Rom und der Kirche lag
- es ist klar, dass niemand das hören mag!
Am Rathaus steh‘n noch weit‘re Gestalten,
die seit 500 Jahren den Platz verwalten.
Unter ihnen ist Petrus, der Stadtpatron
auch auf den Kanaldeckeln steht Triers großer Sohn,
der meist unerkannt und mit Füßen getreten
von den Touristen um keinen Segen gebeten,
sein bescheidenes Leben fristet
nur auf dem Brunnen ist er hochgerüstet ,
trägt gar zwei Schlüssel in der Hand
fürs Paradies und, wie ein Schüler befand ,
für die Hölle...vom OB aber kriegt er Rosen,
damit man im Sommer in kurzen Hosen
und ohne Schirm spazieren geh‘n kann
da ist Petrus doch ein nützlicher Mann!
Neben dem Petrus am Rathaus steht Konstantins Mutter
Helena ,die zwar heiliggesprochen, doch ewiges Futter
für die Nestbeschmutzer der Kaisersippe
die ihr als balkanischer Xanthippe
den Meuchelmord an der Schwiegertochter in die Schuhe schob.
Mit Recht. Der Fund des Kreuzes brachte ihr Lob..
auch wenn das nur eine schöne Legende…..
was bleibt denn sonst von ihr am Ende?
Da gibt’s auch noch den Dietrich Flade,
der zu Luthers Zeiten ohne Gnade
12 Frauen als Hexen hat verbrannt
und schließlich selbst als Hexer erkannt
das gleiche Schicksal mit ihnen teilte,
weil er zu lang in der Stadt verweilte.
Doch hat er vorher der Stadt Geld geliehen,
um den Prozess durchzuziehen
die Reichsunmittelbarkeit der Stadt zu erreichen
doch da war niemand zu erweichen
und der Bischof bleib weiterhin Herr in Trier.
Das Geld aber wird zurückgezahlt bis jetzt und hier
an die Pfarreien und ihre Armen
so zeigt die Stadt bis heute Erbarmen.
Herr Flade aber, der Hexenjäger
wird gelobt von der Stadt als Ehrenträger
als großer Jurist und Wohltäter der Stadt,
die deshalb eine Straße nach ihm benannt hat.
Auch hat die Stadt Karl Marx, den großen,
am Simeonsplatz in seinen ehernen Hosen
von Xiamen der Stadt aufs Auge gedrückt
hat er seitdem nach Westen geblickt.
Für die Welt hat er immer Großes gedacht
hat viele kluge Dinge gesagt,
die Wirtschaft im ganzen analysiert
auch wenn er in mancher Hinsicht geirrt.
Für seine Stadt hat er nie was empfunden,
war nur durch Verwandtschaft an sie gebunden,
und so wie er die Stadt hat selten begrüßt,
haben ihn auch die Trierer wenig vermisst.
Sein Geburtshaus aber hat Karriere gemacht,
Kommunisten der ganzen Welt haben dort seiner gedacht
und kommen auf der Suche nach ihm dorthin
nach einem Glück auf der Welt, was durch ihn möglich schien.
Ganz anders Fischers Maathes, Zeitgenosse und Freund seiner Jugend,
der nur auffiel durch Armut, nicht aber Tugend,
der durch Frechheit, Witz und Tücke
schloss so manche offene Lücke
im soziale Leben Triers, was zum Weinen oder Lachen
stets Anlass gab, wie so sonderbare Sachen
seinen Tod für den folgenden Tag zu verkünden,
ohne Angst vor Strafen für seine Sünden.
Zur Franzosenzeit wurde auch das Kasino gegründet
mit der Gesellschaft, die sich immer noch hier befindet,
wo Vater Marx ohne Respekt vor preußischen Regeln
die Marseillaise sang anstatt zu kegeln
hier wurde Jenny zur Schönsten erkoren,
doch nicht hier ist ihre Liebe zu Karl geboren,
die brauchte noch viele Jahre, um verwirklicht zu werden,
doch war es auch dann nicht das Glück auf Erden.
Die Basilika, heut‘ Kirche der Protestanten
wo früher römische Senatoren standen,
hat alle Wechsel Trierer Geschichte erlebt
und hat doch nie in ihren Grundfesten gebebt
wenn nicht von Menschenhand gemacht
die ihr so manchen Schaden gebracht.
Die Preußen haben sie schließlich gerettet
in eine stabile Konstruktion gebettet
den Katholiken offen die Stirn geboten
wenn die mit der Marienstatue drohten.
Schon dem Caspar-Olevian gings schlecht
man vertrieb ihn aus der Stadt ohne Recht
hätte man ihn da gelassen…
es ist heute kaum zu fassen
wäre die Stadt wohl evangelisch geworden
wie manch andre Stadt im Norden.
So haben wir den Kreis geschlossen
mit Triers Monumenten, in Verse gegossen
es ist eine Stadt so schön wie keine
bei aller Kritik : es ist doch meine!
Sie möge noch Jahrtausende dauern,
Touristen beeindrucken mit ihren Mauern
die ihre Schönheit besingen für alle Zeit
dass die Welt von ihr hört in Ewigkeit!
Bettina v. Engel