Gegner wollen Storch die Flügel stutzen

Trier. · Eurens Ortsvorsteher Hans-Alwin Schmitz würde den geplanten Auftritt der AfD-Politikerin Beatrix von Storch im Druckwerk gerne absagen – „wenn ich diese Vollmacht hätte“. Er hat sie aber nicht. Der Gastgeber und Hausherr, der Kulturring Euren, lehnt eine Absage dagegen ab: „Wir sind überparteilich.“


Widerstand von allen Seiten, massive Proteste nicht nur aus Euren, eine gemeinsame Erklärung aller im Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppierungen (der TV berichtete) und das unverändert heiß diskutierte Facebook-Zitat über das Schießen auf Frauen und Kinder machen aus einer Wahlkampfveranstaltung ein stadtweites Spektakel. Beatrix von Storch, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), soll am kommenden Donnerstag, 11. Februar, im Druckwerk in Trier-Euren auftreten. Doch viele wollen sie dort nicht haben.

"Wir haben massiv versucht, diesen Auftritt zu verhindern", sagt Eurens Ortsvorsteher Hans-Alwin Schmitz, ein Veteran des Trierer Stadtrats in den Reihen der FWG. Mit "wir" meint er nicht seine Fraktion. "Ich spreche für die Betreiber des Willkommenscafés", sagt Schmitz, der sich immer schon für die Rechte und die Integration der in seinem Stadtteil aufgenommenen Flüchtlinge eingesetzt hat. In der ehemaligen General-von-Seidel-Kaserne leben zurzeit mehr als 2000 Menschen.

Jeden Mittwoch veranstaltet eine Gruppe Freiwilliger im Druckwerk ein Willkommenscafé. Es richtet sich insbesondere an Flüchtlinge und Asylbegehrende, die in den Stadtteilen Zewen, Euren und Trier-West eine Wohnung gefunden haben, sowie an alle Nachbarn, die mit den Flüchtlingen in Kontakt kommen möchten. Schmitz gehört zu den Initiatoren. "Es kann doch nicht sein, dass wir im Druckwerkkeller die Flüchtlinge willkommen heißen, und oben hetzt eine Frau von Storch."

Ortsvorsteher Schmitz und seine Mitstreiter im Willkommenscafé gehören zu den Unterzeichnern eines offenen Briefes, den der Verein "Für ein buntes Trier, gemeinsam gegen Rechts" aufgesetzt hat. Doch bei diesem Brief soll es nicht bleiben. "Wir rufen auf zu einer Kundgebung gegen Rassismus, Homophobie und die AfD", kündigt der Verein auf seiner Homepage an. Die Kundgebung soll am Tag des AfD-Besuchs, dem kommenden Donnerstag, um 18 Uhr in der Eurener Ottostraße beginnen.

Auch Alex Rollinger, der Geschäftsführer des Vereins Schmit-z, protestiert energisch und schreibt dem Hausherrn des Druckwerks: "Wir sind regelrecht entsetzt. Es soll eine Person auftreten, die gegen Integrationsarbeit ist, die sich für die komplette Aufhebung des Asylrechtes einsetzt, die gegen Frauenrechte und Minderheiten hetzt und neuerdings auch vor Schusswaffengebrauch gegen Mütter an der Grenze nicht haltmachen will. Wir finden, dass Sie diesen Auftritt nicht zulassen dürfen." Der Verein Schmit-z tritt in Trier seit vielen Jahren für eine offene und tolerante Gesellschaft ein.

Der Hausherr des Druckwerks steht unter großem Druck - aber er weicht nicht zurück. Das Gebäude gehört dem Kulturring Euren. Dessen Vorsitzender ist der Christdemokrat Karl Biegel, er sitzt im Vorstand der Stadtratsfraktion der CDU. Biegel stellt sich den Fragen des TV.

"Wir haben an die AfD vermietet", sagt Biegel. "Ich sah keinen Grund, das nicht zu tun. Und ich sehe auch jetzt keinen." Natürlich gebe es keine irgendwie geartete Übereinstimmung mit Inhalten und Thesen der AfD, sagt Biegel. "Aber alle diejenigen, die jetzt Palaver machen, sollten mal darüber nachdenken, dass wir vertraglich gebunden sind und bei einer Absage in die Haftung geraten." Das Druckwerk Euren erhalte einen Zuschuss von 5000 Euro von der Stadt Trier und müsse sich abgesehen davon komplett selbst finanzieren.

Die Finanzen sind aber nicht der einzige Grund, an der Veranstaltung festzuhalten. "Wir sind überparteilich", sagt Biegel. "Wir können nicht nur an Interessenten vermieten, mit denen wir zu 100 Prozent übereinstimmen."

Der Kommentar unseres Redakteurs Jörg Pistorius:

Beatrix von Storch kommt nach Euren. Und? Soll sie kommen. Die Stadt Trier und auch die Demokratie werden es sicher überleben.
Immer wieder tobt insbesondere auf Facebook die pure Entrüstung, wenn einer aus den Reihen der AfD die Stimme erhebt. Wie können wir das zulassen?, heißt es dann oft. Der Widerspruch, die Ablehnung, die Entrüstung über die fremden- und minderheitenfeindlichen Thesen der Rechtspopulisten sind völlig okay und auch sehr wichtig. Doch komplette Verbote sind falsch. Gerade die Stadt Trier, in der seit Jahren eine starke politische und gesellschaftliche Szene voll und ganz hinter der Aufnahme von Flüchtlingen steht, muss Frau von Storch nicht fürchten. Ihre absurden Theorien über den Schutz der deutschen Grenze mit Waffengewalt entlarven sich selbst als weltfremde Wahnvorstellungen - und diese muss man aushalten. Ein Verbot ist dagegen immer ein schwaches Argument.
<strong>j.pistorius@volksfreund.de

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