Gelber Blitz und Römer-Bräu

RUWER. Andere Stadtteile, andere Ansichten: In heimatlichen Gefilden kennt man ihn als den "gelben Blitz vom Ruwertal" und im Job als gefragten und hilfsbereiten Landesmuseums-Wissenschaftler, der spannende Informationen aus der Antike auswertet. Lothar Schwinden aus Ruwer erfreut sich unterschiedlicher Formen von Aufmerksamkeit.

"Blitz" - der Spitzname rührt von einer seiner Lieblings-Fortbewegungsarten her: mit gelbem Dress auf gelbem Rennrad zur Arbeit. Nicht, um dem Radsport-Faible zu frönen, sondern "ausschließlich aus Sicherheitsgründen", versichert Lothar Schwinden lachend. "So werde ich garantiert nicht von Autofahrern übersehen." Aber so fotografieren lassen mag er sich nicht: "Kanariengelb kann etwas affig aussehen." Weniger blitzartig, aber dennoch erstaunlich schnell bewegt sich der 53-Jährige auf Füßen vorwärts. Nicht selten läuft er die zehn Kilometer von Ruwer bis zum Rheinischen Landesmuseum. Für den 1977 gekürten ersten Langstrecken-Crosslauf-Meister der Uni Trier eine leichte Übung, und eine sinnvolle dazu: "Laufen hält fit und sorgt für einen klaren Kopf." Den kann er im Job gut gebrauchen. Denn nachdem er im Büro die Läufer- oder Radler-Montur gegen bürgerliches Zivil gewechselt hat - "Das erinnert stark an Clark Kent", meinte mal eine Kollegin - widmet sich Lothar Schwinden von Berufs wegen schriftlichen Hinterlassenschaften aus der Antike. Epigrafik, also Hand- oder Inschriftenkunde, ist das Spezialgebiet des gebürtigen Eiflers aus Daleiden, der seit 1981 in Diensten des Landesmuseums steht: "Seitdem gehöre ich zu den wenigen Exoten in ganz Deutschland, die sich mit Graffiti beschäftigen." Graffiti sind im ursprünglichen Sinne Ritzlinien auf Gegenständen, häufig Bleitäfelchen oder Keramik, und ebenso häufig nicht mehr vollständig erhalten.Kriminalstischer Spürsinn

Dann erfordert es kriminalistischen Spürsinn, um zu enträtseln, was die alten Trierer Römer mit ihren Botschaften sagen wollten. Ganz eindeutig aber ist das, was auf Etiketten steht, die bei archäologischen Grabungen auf dem Cinemaxx-Gelände oder dem alten Volksfreund-Gebäude am Nikolaus-Koch-Platz zum Vorschein kamen: Hier wurden vor rund 1700 Jahren Spatzen und Raben zum Verzehr verkauft - und auch Pfeffer und Zimt angeboten. Auch Grabsteine können Bände sprechen. Schwindens Forschungen belegen, dass es um anno 200 bereits Bierbrauer in Trier gab ("davon mindestens eine Frau"), und etwa hundert Jahre später residierte ein "Weinbauminister" in Trier, der für die gesamte Mosel zuständig gewesen sein dürfte. Auch daheim (Auf Feiser) widmet sich der allein erziehende Vater eines Sohnes und einer Tochter der Historie. Ehrensache, dass er für die Ortschroniken von Ruwer und Mertesdorf die Kapitel von der Vorgeschichte bis zum Mittelalter verfasste; das habe er gern getan für sein "geliebtes Ruwertal". Zeitaufwändig ist sein bedeutendstes Ehrenamt: die Geschäftsführung der 1801 gegründeten Gesellschaft für nützliche Forschungen, die er 1992 von Heinz Cüppers übernahm, seinem kürzlich verstorbenen "väterlichen Freund". Da ist es nützlich, als "gelber Blitz" am Autostau vorbei zu radeln und dabei Zeit zu sparen und sich fit zu halten.

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