Geld in der Kasse, Wut im Bauch

Trier · Etliche Ortsbeiräte drohen mit Aufstand, in Biewer erwägt man gar, geschlossen zurückzutreten: Der Ärger um die Ortsbeiratsbudgets erreicht neue Dimensionen. Es geht es um die Frage: Darf die Stadt den Räten Geld für nicht umgesetzte Projekte streichen, wenn sie selbst zumindest eine Mitschuld an der Verzögerung trägt?

Geld in der Kasse, Wut im Bauch
Foto: Friedemann Vetter

Sie haben über Jahre hinweg Geld aus ihren Budgets gespart, um größere Projekte in ihren Stadtteilen verwirklichen zu können. Längst haben die Ortsbeiräte das Geld beisammen - doch die Umsetzung lässt auf sich warten. Weil die Verwaltung nicht in die Puschen kommt, wie viele Stadtteil-Politiker meinen. Das wäre an sich schon ärgerlich. Doch hinzu kommt, dass die Zeit knapp wird: Geld aus den Ortsbeiratsbudgets bis 2010 muss Ende 2011 ausgegeben sein, sonst verfällt es. Diese Regelung geht auf eine Forderung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zurück.

1,8 Millionen Euro hatten die 19 Trierer Ortsbeiräte bis Ende 2010 aus ihren jährlichen Budgets angespart, die jeweils bei insgesamt rund einer halben Million Euro liegen. Diese Summe muss nun mit Hochdruck investiert werden. All die Projekte, die über Jahre hinweg - zumindest teilweise durch Überlastung der Verwaltung - liegen geblieben sind, sollen nun geballt im Laufe dieses Jahres umgesetzt werden.

Bei der Stadt ist man sich des Problems und seines Potenzials, für Ärger zu sorgen, bewusst: So lässt sich der Steuerungsausschuss jedes Quartal einen Bericht darüber vorlegen, wie weit die einzelnen Maßnahmen gediehen sind.

Den Vorwurf, an den Verzögerungen schuld zu sein, dementiert die Stadt nicht. Sie verweist auf vielfältige Gründe für eine schleppende Umsetzung. So vergehe oft viel Zeit vom Vorschlag eines Ortsbeirats bis zum Inkrafttreten der Haushaltssatzung, sagt Stadt-Sprecher Ralf Frühauf - Zeit, in der die Verwaltung nicht an der Umsetzung arbeiten dürfe. Die Vorstellungen der Ortsbeiräte seien zudem oft unkonkret: "So besteht ein hoher Abstimmungsbedarf." Und wenn dann eine konkrete Planung vorliege, reichten bisweilen die Mittel der Ortsbeiräte nicht aus, sagt Frühauf. Hinzu kämen Vorgaben wie Ausschreibungsverfahren, die Zeit kosteten. "Und letztlich ist die Umsetzung aller Maßnahmen abhängig von den personellen Kapazitäten der Verwaltung."

Werden alle geplanten größeren Vorhaben der Ortsbeiräte bis zum Jahresende realisiert sein? Frühaufs Antwort: "Sollte die Umsetzung einzelner Projekte nach Einschätzung der Fachämter problematisch sein, werden die Ortsbeiräte zeitnah kontaktiert, um mögliche Änderungen an der Planung vorzunehmen."

In den Stadtteilen wächst die Nervosität. Zwar besteht die Möglichkeit, Geld umzuwidmen, also in andere Maßnahmen zu investieren. Doch damit wären die größeren Projekte, auf die die Ortsbeiräte jahrelang gespart haben, vorerst gestorben. In Zukunft sollen größere Investitionen nur noch über die Stadt möglich sein. Und deren finanzielle Spielräume sind bekannt.

Meinung

Viel steht auf dem Spiel

Es wäre einfach, der Stadtverwaltung allein den Schwarzen Peter dafür zuzuschieben, dass zahlreiche Ortsbeiratsprojekte nicht umgesetzt sind und dem dafür vorgesehenen Geld der Verfall droht. Zu einfach. Denn die Verzögerungen liegen nicht allein in der Verantwortung der Verwaltung. Und die Entscheidung, die Budgets zu befristen, geht auf das Konto der ADD.

Dennoch steht nun die Stadt in der Pflicht. Sie muss alles Erdenkliche unternehmen, um die Vorhaben rechtzeitig zu realisieren, sie muss für entsprechende Prioritäten innerhalb der Verwaltung sorgen, pragmatische Lösungen forcieren - kurz, den Bürgern glaubwürdig signalisieren: Wir tun alles dafür, dass ihr zu eurem Recht kommt!

Jahrelang hat man in den Stadtteilen auf diese Projekte gespart, zu ihren Gunsten auf die Erfüllung anderer Wünsche verzichtet. Scheitern ausgerechnet die Vorhaben, die vor Ort seit Jahren Priorität haben, steht viel auf dem Spiel.

Nirgendwo sonst sind Demokratie und Mitbestimmung greifbarer als in den kleinsten politischen Einheiten. Und nirgendwo sonst ist die Enttäuschung größer, wenn Hoffnungen platzen, wenn Engagement verpufft. Es geht um nichts Geringeres als das Vertrauen der Bürger in ihre Stadt, in politische Strukturen überhaupt. Und um ihre Bereitschaft, sich zu engagieren.

i.kreutz@volksfreund.de

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