Gemeinsam gegen Ausgrenzung und Barrieren

Trier · 15 Prozent der Bevölkerung von Trier sind von vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen. Die Einschränkungen für die 15 800 schwerbehinderten Menschen zu beseitigen, ist Ziel des Aktionsplans Inklusion. Ab Februar kann jeder Interessierte an dessen Erstellung mitwirken.

Trier. Hinter dem sperrigen Begriff Inklusion verbirgt sich mehr als der behindertengerechte Zugang zum Stadttheater, ins Museum oder das Trierer Rathaus. Denn nicht nur Rollstuhlfahrer sollen selbstbestimmt und ohne Einschränkungen am öffentlichen Leben teilnehmen. Inklusion bedeutet, dies auch Blinden, Gehörlosen oder geistig Behinderten zu ermöglichen.
Arbeitsgruppen: Start im Februar


Wie schwierig das ist, weiß Uta Hemmerich-Bukowski. Die 56-Jährige ist seit September im Auftrag der Stadtverwaltung dafür zuständig, dies in Zusammenarbeit mit dem Beirat für Menschen mit Behinderungen zu ändern. Erstes Ziel: ein Aktionsplan Inklusion, in dem die Probleme für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beschrieben sein sollen. "Aber natürlich geht es auch darum, Ziele und Maßnahmen zu formulieren, wie die Dinge verändert werden können", erläutert Hemmerich-Bukowski.
Wie kann ein Gehörloser einen Notruf tätigen? Das ist nur eines von Hunderten Problemen, die aufgezeigt und beseitigt werden sollen. Wie können Dinge für Behinderte in Broschüren und auf Internetseiten in einfacher und leicht verständlicher Sprache erklärt werden? Ein Beispiel dafür zeigt der Ergänzungstext "Einfach erklärt" zu diesem Artikel. Wie lassen sich in Verwaltungsgebäuden oder Museen bessere Wegweiser oder deutlich größere Türbeschriftungen umsetzen?
Als Orientierungshilfe für das ambitionierte Projekt dient ein vom Land erstellter Leitfaden. Zu sechs Handlungsfeldern (siehe Extra) sollen ab Februar Arbeitsgruppen Visionen, Ziele und Maßnahmen erarbeiten. Vorrang haben dabei zunächst die Bereiche "Bildung und Erziehung", "Bauen, Wohnen, Mobilität. Barrierefreiheit, Verkehr" und "Freizeit, Kultur, Sport".
Bereits bei der Auftaktveranstaltung zum städtischen Inklusionsplan im Dezember hat die unerwartet große Beteiligung gezeigt, wie groß das Interesse an einer stärkeren Vernetzung aller Akteure ist. Weiter geht es nun ab Februar in Arbeitsgruppen zu einzelnen Handlungsfeldern. Auch diese sind für jedermann offen. "Es wird jeweils drei bis vier Sitzungen geben", sagt Uta Hemmerich-Bukowski, die allerdings auch bei der Suche nach den Terminen für die Auftaktsitzungen mit Hindernissen kämpfen musste, die beseitigt werden sollen: "Wir benötigen für jede Sitzung Gebärden- und Sprachdolmetscher. Davon gibt es in unserer Region aber leider nicht viele."
Für die Stadtverwaltung hat der Aktionsplan Inklusion einen hohen Stellenwert. Die Projektkoordination ist unmittelbar dem Oberbürgermeister unterstellt. "Inklusion ist ein gesellschaftlicher Prozess, mit dem die Teilhabe aller Menschen an Arbeit und Leben verwirklicht werden soll", sagt Klaus Jensen. "Unser Ziel ist es, dafür Sorge zu tragen, dass Menschen mit Behinderung Respekt, Anerkennung Wertschätzung erfahren - in jedem Bereich des Lebens." Er verspricht zwar, das Thema nicht aus Kostengründen scheitern zu lassen. Um Ungleichheiten und Diskriminierungen abzubauen, seien Änderungen im Verhalten der Menschen und bauliche Investitionen erforderlich. "Vieles ist schon geschehen, alles noch Notwendige wird aber nicht auf einmal möglich sein."
Wie ein Aktionsplan Inklusion für Kommunen aussehen kann, zeigen die Stadt Bonn und die Verbandsgemeinde Nieder-Olm (Rhein-Hessen), die auch das Land als beispielhaft aufführt. Triers Koordinatorin Uta Hemmerich-Bukowski betont allerdings, dass sich diese nicht einfach kopieren lassen. "Es geht nun vor allem darum anzufangen. Wir haben dabei nicht den Anspruch, alles gleich perfekt zu machen."
Wer Interesse hat, in einer der Arbeitsgruppen mitzuwirken, kann sich an Uta Hemmerich-Bukowski wenden. EMail uta.hemmerich-bukowski@trier.de , Telefon 0651/718-1016.

Meinung

Vision der Oberbürgermeister
Oberbürgermeister Klaus Jensen hat eine Vision: In der Stadt Trier nehmen alle Menschen so am gesellschaftlichen Leben teil, wie sie es wünschen. Kein Problem? Dann fragen Sie mal einen Rollstuhlfahrer, Blinden oder Gehörlosen. Das geht nicht? Natürlich geht das, Sie können Ihre Frage ja aufschreiben oder von einem Gebärdendolmetscher übersetzen lassen … Fakt ist, dass für viele der 16 000 schwerbehinderten Menschen in Trier der Alltag ein beständiges Abwägen darüber beinhaltet, was möglich ist. Das soll sich mit einem Aktionsplan Inklusion ändern. Nicht, weil die Integration benachteiligter Menschen in die Gesellschaft nach Plan verlaufen kann. Die intensive und nachhaltige Diskussion über einen solchen Plan soll vielmehr Bewusstsein schaffen und das Bewusstsein dafür schärfen, wie viele Dinge behinderte Menschen ausschließen. Sind diese Mängel und Barrieren erst einmal erkannt, lassen sich viele von ihnen schnell beseitigen. Wie wäre es denn zum Beispiel, wenn ein Notruf bei der Feuerwehrleitstelle nicht nur über Telefon, sondern auch per SMS abgesetzt werden könnte? Manch andere Beeinträchtigung zu beseitigen, wird mehr Zeit, Kreativität und Geld in Anspruch nehmen. Auch deshalb ist es schon jetzt eine spannende Frage, wie der Nachfolger von Klaus Jensen mit dem Thema Inklusion umgehen wird. Ohne Wolfram Leibe kann die Vision von der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen am Leben in Trier nicht wahr werden. r.neubert@volksfreund.deExtra

Es gibt eine Behinderten-Rechts-Konvention. Das ist ein Vertrag. Die Vereinten Nationen haben diesen Vertrag gemacht. In dieser Gemeinschaft sind viele Länder. In dem Vertrag stehen Rechte von Menschen mit Behinderung. Alle Menschen sind gleich. Das heißt: Alle haben die gleichen Rechte. Menschen mit Behinderung sollen ernst genommen werden. Sie sollen überall mitmachen können. Das nennt man auch Inklusion. Die Stadt Trier macht dazu ein Projekt. Mit allen Menschen: Menschen mit Behinderungen und Menschen ohne Behinderungen. Das Projekt heißt Aktions-Plan. Ein Aktions-Plan ist ein Arbeits-Plan. Man arbeitet auf ein Ziel hin. Das Ziel ist: Menschen mit Behinderung sollen besser leben.Extra

In Arbeitsgruppen (Dauer jeweils 17 bis 20 Uhr), die für alle Interessierten offen sind, sollen Maßnahmen für den Aktionsplan Inklusion formuliert werden. Hier die Termine: Erziehung und Bildung, (19. Februar). Kultur, Freizeit und Sport (24. Februar). Barrierefreie Kommunikation und Information, Öffentlichkeitsarbeit (26. Februar). Bauen, Wohnen, Mobilität, Barrierefreiheit und Verkehr (3. März). Gesundheit und Pflege (5. März). Arbeit, Personalentwicklung und Interessenvertretung (17. März). Anmeldeschluss: 4. Februar. red

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