Gemeinsames Lernen sehr gefragt

Das Interesse an einer Gesamtschule in Trier ist offenbar weit größer als vermutet. Darauf lässt eine Umfrage der Initiative "Eine Schule für alle" schließen. Danach erwägen die Eltern von mehr als 200 Trierer Drittklässlern eine Anmeldung, wenn die IGS 2010 an den Start geht.

Trier. (DiL) Nachdem die Stadt erklärt hatte, zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Elternbefragung nicht vorgesehen, hatte die Initiative zur Selbsthilfe gegriffen und gleich am ersten Schultag nach den Ferien den Eltern aller Drittklässler in den Trierer Grundschulen einen Fragebogen überreicht (der TV berichtete).

Das Ergebnis erstaunte selbst die Initiatoren: Innerhalb von nur drei Tagen meldeten über 200 Eltern (bei 777 Befragten) Interesse an - mehr als doppelt so viele wie für eine IGS-Gründung benötigt werden. Das Ergebnis hat zwar keine formale Verbindlichkeit: Ob die Eltern ihre Kinder im Jahr 2010 dann tatsächlich anmelden, ist damit noch nicht gesagt. Anderseits kommt fast die Hälfte der Schüler von weiterführenden Trierer Schulen aus dem Landkreis - die Zahl der Interessierten könnte sich also noch einmal dramatisch erhöhen, wenn die einzige Gesamtschule auch im Umland ihre Anziehungskraft entfaltet.

"Selbst zwei Gesamtschulen werden nicht reichen"



Hildegard Muriel von der Initiative "Eine Schule für alle" befürchtet denn auch, "dass selbst zwei Gesamtschulen für Trier nicht ausreichen". Am Ende müssten "viele Kinder abgelehnt werden". Die Initiative fordert, "den eindeutigen Elternwillen im Entscheidungsprozess des Runden Tisches, der Verwaltung und des Rats zu berücksichtigen".

Brisant wird die Umfrage dadurch, dass auch der "Wunsch-Standort" abgefragt wurde. Danach bevorzugt eine breite Mehrheit der Eltern eine Innenstadt-Lage - was von den in Trier diskutierten Standorten lediglich das alte TGT-Gelände mit der heutigen Pestalozzi-Schule bieten könnte. Aber die Verwaltung hat sich bereits für den Wolfsberg entschieden, dessen Akzeptanz in der Umfrage gerade mal bei 15 Prozent liegt.

Die Trierer Grünen haben auf die Umfrage bereits reagiert und gefordert, "dem im ursprünglichen Entwurf des Schulentwicklungsplans vorgeschlagenen Standort Pestalozzischule oberste Priorität zu geben". Das läuft der Verwaltung exakt entgegen. Zudem halten die Grünen "mindestens drei Gesamtschulen" in Trier für nötig, wie Sprecherin Corinna Rüffer erklärte. Keinesfalls dürfe sich die Stadt "auf nur eine IGS festlegen".

Kompliziert wird die Sache dadurch, dass der Standort am alten TGT für eine "Realschule plus" vorgesehen ist, zu der Pestalozzi-Hauptschule und Robert-Schumann-Realschule fusionieren sollen. Die Kollegien beider Schulen haben bislang kein Interesse an einer IGS geäußert - anders als am Wolfsberg und am Mäusheckerweg.

Heute Abend wird sich der Runde Tisch mit der aktuellen Situation befassen, der Stadtrat tagt in der letzten Januar-Woche. Bis dahin müssen die Weichen gestellt werden.

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Meinung

Den Schwung nutzen

Die Umfrage der Initiative "Eine Schule für alle" hat sicher keinen wissenschaftlichen Anspruch, und euphorische Prognosen über Schülerzahlen könnten in der Realität noch etwas gedämpft werden. Aber das Ergebnis zeigt allemal überraschend deutlich, wie weit und wie lange die Schulpolitik in Trier hinter den Wünschen und dem Bewusstseinsstand der Eltern zurückgeblieben ist. Um so erfreulicher, dass die Verwaltung jetzt ein Tempo vorlegt, als wolle sie Versäumtes nachholen. Wer Schuldezernent Holkenbrink lange vorgeworfen hat, er zaudere, darf ihn jetzt nicht kritisieren, weil er auf die Tube drückt. Das große Interesse der Eltern sollte alle Beteiligten motivieren, die Schaffung eines Gesamtschul-Angebots in Trier nicht als Routine-Vorgang zu begreifen, der intern in Schul-Kollegien abläuft. Sinnvoll wäre ein offener, von Stadt und ADD behutsam moderierter Prozess, der die inhaltliche Ausgestaltung in den Mittelpunkt stellt und versucht, interessierte Eltern und Lehrer einzubinden - und das keinesfalls nur innerhalb der Stadtgrenzen. Über eines muss man sich freilich im Klaren sein: Schulgründungen sind kein Wunschkonzert. Zumindest, was den Standort angeht. Da hilft Realitätssinn manchmal mehr als Träume. d.lintz@volksfreund.de

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