Gemütlich durch die City

TRIER. Gibt die Stadtverwaltung ihr Okay, wird Trier im Sommer um eine rheinlandpfalzweit einzigartige Attraktion reicher sein: einen Fahrrad-Rikscha-Dienst.

"In einer Rikscha zu sitzen, ist eine sehr sinnliche Angelegenheit", schwärmt Martin Kästle. "Man ist zwar nur eineinhalb Mal so schnell wie ein Fußgänger, aber um Schnelligkeit geht es nicht", erklärt der Wahl-Trierer mit charmant schwäbischem Akzent. "Der Wind weht einem um die Nase und man hört und sieht vieles, was einem im schnellen Auto oder wenn man selbst in die Pedale tritt entgeht." Seine gelb-rote Rikscha hat er bei einer Karlsruher Spezialfirma bestellt, die auch die etablierten Rikscha-Kolonnen in Köln und Berlin ausgerüstet hat. "Es kommt vor allem auf Bremsen, Stabilität und Lenkung an", sagt Kästle, dessen Rikscha ein eigenes Tüv-Gutachten hat. Mitte März hat der Mann mit dem langen, silbernen Haarzopf sein Konzept bei der Stadtverwaltung eingereicht. "Das ist eine völlig neue Materie für uns", sagt der städtische Pressesprecher Ralf Frühauf. "Es müssen sehr viele rechtliche Fragen - zum Beispiel zur Fahrerlaubnis, zur Sicherheit, zum Straßenverkehr oder zu Versicherungsdingen - geklärt werden. Das nimmt nunmal Zeit in Anspruch." In ganz Rheinland-Pfalz gebe es noch keine Stadt, in der es einen Rikscha-Service gibt. "Entscheidend ist, dass die Rikscha zur Sicherheit von Fahrer und Fahrgästen und wegen möglicher Behinderungen anderer Verkehrsteilnehmer nicht auf viel befahrenen Strecken fahren darf", sagt Frühauf. Aber in drei bis vier Wochen - über zwei Monate nach der Antragsstellung - will die Stadtverwaltung alles abgeklärt haben. "Sofern genehmigungsfähig, würde ich mich über einen Rikscha-Dienst in Trier freuen", sagt Triers Wirtschaftsdezernentin Christiane Horsch, "das würde auch zu unseren Bemühungen passen, Trier auf die wachsende Zahl chinesischer Touristen einzustellen." Martin Kästle sitzt derweil auf glühenden Kohlen. "Wenn alles klar geht, geht die Bestellung für drei weitere Rikschas raus", sagt er. Verkürzte Lieferzeiten für die 5000 Euro teuren Gefährte habe er mit dem Hersteller bereits abgesprochen. Das Marketing sei auch schon angelaufen: "Ich habe mit Hotels und Gaststätten gesprochen, weil ich einen kleinen Katalog erstellen will", sagt Kästle. "Wenn mich die Leute dann fragen, wo man gut essen gehen oder ein Bier im Freien trinken kann, kann ich Auskunft geben", sagt der ehemalige Taxifahrer. Interesse an seiner Dienstleistung hätten schon viele bekundet. Mit Hotels und der Touristeninformation seien die Gespräche schon angelaufen. "Ich plane zum einen feste Touren, zum Beispiel entlang einiger Sehenswürdigkeiten, und zum anderen einen Ort-zu-Ort-Service, ähnlich einem Taxi", sagt der Ex-Schwabe. Mitnehmen kann er ein oder zwei Gäste, aber auch ein Rollstuhl kann nach einem kleinen Umbau aufgeladen werden. Dass sein Angebot angenommen wird, davon ist Kästle, der vor zwanzig Jahren zum Psychologie-Studium nach Trier gekommen ist, überzeugt: "Warum soll das, was in Köln und Berlin gut funktioniert, nicht auch in Trier auf Interesse stoßen?", sagt er. Auf seine auffällige Fahrradkutsche ist er bei Probefahrten jedenfalls schon häufig angesprochen worden - nur mitnehmen durfte er bisher noch niemanden, schließlich hat die Stadt seine Geschäftsidee noch nicht ausreichend geprüft.

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