Geplante Vereinbarung mit ECE: Trierer Einzelhandel schlägt Alarm

Trier · Vor der Entscheidung über eine Zusammenarbeit der Stadt Trier mit dem Projektentwickler ECE spitzt sich die Diskussion zu. Der Einzelhandelsverband Region Trier warnt davor, sich schon beim Erstellen eines Entwicklungskonzepts für die Innenstadt exklusiv an einen Investor zu binden.

 Triers Altstadt von oben: Geht es nach dem Investor ECE, könnten sogar zwei neue Einkaufscenter entstehen. Eines im Bereich der heutigen Warenhäuser Galeria Kaufhof und Karstadt, ein zweites auf dem Gelände der Europahalle. Dazwischen liegt die Trier Galerie. TV-Foto: Portaflug Föhren

Triers Altstadt von oben: Geht es nach dem Investor ECE, könnten sogar zwei neue Einkaufscenter entstehen. Eines im Bereich der heutigen Warenhäuser Galeria Kaufhof und Karstadt, ein zweites auf dem Gelände der Europahalle. Dazwischen liegt die Trier Galerie. TV-Foto: Portaflug Föhren

Der Steuerungsausschuss des Stadtrats berät am heutigen Donnerstag nichtöffentlich über eine Vereinbarung mit dem Hamburger Unternehmen ECE, das ein bis zwei Einkaufscenter in Trier bauen möchte. Am Dienstag, 28. Mai, soll der Stadtrat entscheiden. Der bisher geheime Vertragsentwurf liegt dem TV vor.

Darum geht es: In einer maximal dreijährigen Planungsphase will die Stadt Trier mit der ECE, Wirtschaftsvertretern und Bürgern ein Konzept erarbeiten. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung der Areale Europahalle, Augustinerhof und Simeonstraße (Kaufhof/Karstadt) plus Treviris-Passage. Außer Handel, Dienstleistungen und Gastronomie hat die Stadt auch Wohnen, Kultur und Bildung im Blick.

Exklusivität: In Paragraph 4 heißt es: "Die Stadt wird (…) ausschließlich mit ECE zusammenarbeiten und die ECE bei der Entwicklung ihres Vorhabens unterstützen. Sie sichert (…) zu, keine eigenen Verhandlungen mit anderen Entwicklern, Bauträgern, Investoren und sonstigen Interessenten zum Vorhaben zu führen." Der Einzelhandelsverband (EHV) Region Trier fordert, derzeit keine bindende Entwicklungsvereinbarung mit ECE einzugehen. Trier habe einen funktionierenden Einzelhandel und keinerlei Zeitnot. Die Stadt müsse unabhängig Ziele definieren und einen Rahmenplan entwerfen. EHV-Präsident Michael Müller: "Erst im Anschluss sollten am besten mehrere Investoren Vorschläge vorlegen."

Kosten: Dazu heißt es im Entwurf: "Wird das Projekt der ECE (…) umgesetzt, wird in einem gesonderten Vertrag die Übernahme der nachgewiesenen Vorlaufkosten der Stadt Trier aus dieser Vereinbarung geregelt werden." Müller kritisiert: "Dadurch wird die angebliche Ergebnisoffenheit ad absurdum geführt. Das erhöht den Druck auf die Stadt, der ECE nachzugeben, damit diese baut und die Kosten der Entwicklung übernimmt."

Kündigung: Beide Seiten können die Vereinbarung fristlos kündigen. Die Stadt muss dazu allerdings "nachvollziehbar und schriftlich begründet" darlegen, dass keine Umsetzung des Konzepts für den Bereich Einzelhandel möglich ist. Diese Klausel birgt aus Sicht von Müller Streitpotenzial. Er fordert: "Es sollte allein der Stadt Trier überlassen bleiben, wann und unter welchen Voraussetzungen sie die Bindung mit ECE beenden möchte - und das ohne jegliche Bedingungen!"

Stadtrat: Auf TV-Anfrage lehnen drei von sechs Fraktionen des Stadtrats die Unterzeichnung der Entwicklungsvereinbarung in dieser Form klar ab (siehe Extra). Die drei übrigen Fraktionen beraten noch. Sven Teuber (SPD) sagt bisher nur: "Wir unterstützten nachdrücklich die Ziele der Verwaltung, die städtebauliche Entwicklung und Handelsentwicklung der Innenstadt zu forcieren." Die CDU-Fraktion will am Montag über den Text des Vertragsentwurfs sprechen. Die FWG will heute im Steuerungsausschuss das sogenannte Durchlaufen des Tagesordnungspunktes beantragen. Das heißt: Die Mitglieder würden zwar über die mögliche Zusammenarbeit mit der ECE diskutieren, aber noch nicht abstimmen, sondern dies dem Stadtrat am Dienstag überlassen.Meinung

Stadt darf sich nicht fesseln
Je mehr Details bekannt werden und je näher die Entscheidung rückt, desto klarer wird: Die Stadt Trier sollte die Vereinbarung mit der ECE nicht unterzeichnen. Ein Konzept für die Quartiere zu entwickeln, ist richtig und wichtig - aber bitte komplett in Eigenregie, ohne sich jetzt schon unnötig an einen Investor zu fesseln. Der Stadtvorstand hat sich in seiner Euphorie über den möglichen neuen Kundenmagneten etwas verrannt und in eine Richtung drängen lassen. Es ist aber noch nicht zu spät, die Kurve zu bekommen. Die Stadt muss den Prozess selbst steuern und offen für andere Partner bleiben. Es ist bezeichnend, dass sich drei Ratsfraktionen erst auf den letzten Drücker entscheiden (können). Die Beratungszeit ist zu knapp für eine so langfristige und bedeutende Weichenstellung. Ein bloßes Verschieben des Beschlusses wird nicht reichen: Ohne die ECE als Exklusivpartner gibt es keine solche Vereinbarung. Das Risiko, dass sich die Hamburger deshalb in den Schmollwinkel zurückziehen, muss die Stadt eingehen. Wenn die ECE von sich und ihrem Konzept überzeugt ist, müsste sie selbstbewusst genug sein, sich der Konkurrenz zu stellen und am Ball zu bleiben. m.hormes@volksfreund.deExtra

Anja Reinermann-Matatko (Grüne): "Wir sind gegen die Vereinbarung, denn wir würden uns jeglicher Handlungsfreiheit berauben. Ohne ein Gesamtkonzept ist die Frage, ob die Innenstadt weitere Shopping-Center braucht und verträgt, nicht zu beantworten. Die Fraktionen müssen ein Mitspracherecht haben. Die ECE darf hier nicht schon mit am Tisch sitzen. Wir sollten die Chancen eines Wettbewerbs nutzen."
Tobias Schneider (FDP): "Eine Quartiersentwicklung der Innenstadt mit privater Hilfe ist erstrebenswert. Wir sehen jedoch keinen Grund dafür, irgendeinem privaten Investor ein exklusives Verhandlungsmonopol für die Innenstadtentwicklung zuzugestehen. Wettbewerb hat noch immer zu den besten Ergebnissen geführt. Am Ende kann sich die Stadt immer noch entscheiden."
Katrin Werner (Die Linke): "Wir werden uns eindeutig gegen die Entwicklungsvereinbarung mit der ECE einsetzen. Die Stadt soll stattdessen ihre eigenen Ziele definieren und einen Rahmenplan entwickeln. Solche Konzepte brauchen mehr Zeit und müssen unter Einbindung der Öffentlichkeit demokratisch beraten werden. Die vorherige Einbindung eines Investors würde einem ergebnisoffenen Prozess widersprechen." cus

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