Gerettet: Die Glocke läutet weiter

Trier · Seit Dienstag, 15 Uhr, ist es amtlich: Das Trierer Unternehmer-Ehepaar Anne und Peter Brommenschenkel kauft das Haus Zur Glocke in der Glockenstraße. Triers dienstälteste Gaststätte, die Glocke, bleibe erhalten, versprachen die neuen Besitzer gleich nach dem Notartermin.

Bio-Lebensmittel, Parfümerien, Pfannkuchenhaus und zuletzt ein Wein- und Fischrestaurant. Fast jedes Jahr warten Anne (59) und Peter Brommenschenkel (55) mit einer neuen Geschäftsidee auf. Aber wohl noch keine war so emotionsbehaftet und spektakulär wie der jüngste Coup des Unternehmer-Ehepaares. Und vor drei Wochen ahnten die Brommenschenkels selbst noch nichts davon. Aber als der TV in seiner Ausgabe vom 7. Januar über die Pläne zum Verkauf des historischen Hauses Zur Glocke und die zum 31. März angekündigte Schließung der gleichnamigen Gaststätte berichtete, "da läuteten bei uns die Alarmglocken", sagt Peter Brommenschenkel. "Trier ohne Glocke - das wäre ein Ding der Unmöglichkeit."

So hat wohl nicht jeder gedacht, der sich für den Kauf der denkmalgeschützten Immobilie interessierte. Nach TV-Informationen konkurrierten die Brommenschenkels mit einem guten Dutzend weiterer Interessenten. Den Zuschlag erteilte die Erbengemeinschaft Berens aber ihnen, weil sie sich zur Tradition des Hauses bekennen und das, was den Trierern lieb und wertvoll ist, erhalten wollen. "Wir sind sehr froh, dass es mit der Glocke weitergeht. Wir wissen sie in guten Händen. Das ist wichtig, denn es ist unser Elternhaus", betont Michael Berens (64) auch im Namen seiner Schwestern Annemarie Simon und Rosel Thiesen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die neuen Besitzer ließen aber durchblicken, dass sie eine ähnlich hohe Summe für die Sanierung und Modernisierung des Glocken-Komplexes (mit großem Hinterhaus) aufbringen wollten, "den wir nicht als Renditeobjekt sehen". Michael Berens hatte den Sanierungsbedarf als "im hohen sechsstelligen Euro-Bereich" liegend beziffert.

Der Investitionsstau war auch der Grund, warum die Erbengemeinschaft die Notbremse gezogen hatte: Aus den laufenden Erträgen könne er nicht abgebaut werden, hieß es Anfang Januar.

Anne und Peter Brommenschenkel, beide gebürtige Trierer, betonen "den Wunsch und den Willen, die Glocke im alten Stil weiterleben zu lassen", aber den Betrieb möglichst zu vergrößern. Sie denken an eine Aktivierung des 250 Quadratmeter großen romanischen Kellers und möglicherweise auch an eine Nutzung des Innenhöfchens: "Genaues können wir noch nicht sagen, weil wir nicht wissen, wie hoch die genehmigungsrechtlichen Hürden sind, die uns gestellt werden."

Noch unklar ist, ob Glockenwirt Oswald Steines (38) weitermacht. "Wir würden ihn wie auch das übrige Personal gerne behalten", so die Brommenschenkels. "Eigentlich hatte ich mit dem Kapitel schon abgeschlossen, weil die Rettung der Glocke utopisch erschien und 2010 ein sehr kraftraubendes Jahr war", sagt Steines. Er will sich mit seiner Frau Sylvia (34), Spross des Berens-Clans, besprechen und bis nächste Woche entscheiden. Bis zum 31. März stehe er auf jeden Fall hinterm Tresen. Und anschließend gehe es "nahtlos weiter mit der Glocke", versprechen die neuen Besitzer.

Ein Porträt über Peter Brommenschenkel lesen Sie in der morgen erscheinenden Ausgabe des TV-Wirtschaftsmagazins "Macher, Menschen + Märkte".EXTRA

Das Wirtshaus Zur Glocke wird seit 1803 gastronomisch genutzt und war seit 1928 im Besitz der Familie Berens. Die Gaststätte hieß die ersten 103 Jahre "Zur wilden Gans", die Umbenennung in "Zur Glocke" erfolgte 1906. Das Vorderhaus wurde 1567 auf der östlichen Hälfte eines romanischen Kellers und Gemäuern aus dem 12. Jahrhundert errichtet. Das Untergeschoss wurde im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzkeller genutzt. Ihren guten Ruf verdankt die Glocke nicht zuletzt ihrem legendären Wirt Josef Berens (1949 bis 2003). Dessen drei Geschwister haben die Glocke nun an Anne und Peter Brommenschenkel verkauft.

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