Gericht schickt 40-jährigen Dauner in die Psychiatrie

Trier/Daun · Zu fünf Jahren Haft hat das Landgericht Trier einen 40-Jährigen aus Daun verurteilt und ihn gleichzeitig in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Hauptvorwurf: versuchter Totschlag. Der Mann hatte versucht, vom Dauner Viadukt zu springen, wobei er zwei Polizeibeamte mitreißen wollte.

Trier/Daun. Es sind dramatische Szenen, die sich am Abend des 27. Mai auf dem 30 Meter hohen Dauner Viadukt abspielen. Ein Mann hat bei der Polizei angerufen und mit Selbstmord gedroht. Er ist der Polizei schon seit Monaten durch Selbstmorddrohungen und kurzzeitige Einweisungen in die Gerolsteiner Psychiatrie bekannt. Auch seine Vorstrafenliste wegen Aggressionsdelikten, insbesondere Körperverletzung, ist lang. Zwei Streifenbeamte, die ihn noch kurz zuvor in Daun getroffen haben, fahren nach dem Anruf "einfach auf Gefühl" zum ehemaligen Bahnviadukt, über den heute ein Fahrradwanderweg führt. Dort scheint der 40-Jährige schon auf sie gewartet zu haben. Als die Beamten ankommen, überklettert er die innere Maschendrahtabsicherung und das alte Bahngeländer - eine offene Stahlrohrkonstruktion - und baumelt schließlich 30 Meter hoch über der Autostraße, die unter dem Viadukt hindurchführt.
Bei der folgenden Rettungsaktion geraten auch die beiden Beamten in große Gefahr, als der Lebensmüde sie mit in die Tiefe reißen will. Den Rettern gelingt gerade noch, den Mann auf die Brücke zurückzuziehen. Dort müssen sie den Tobenden bändigen, was nicht ohne Blessuren und Beleidigungen abläuft. Das bringt dem 40-jährigen Maler und Innenausstatter eine Anklage wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen, wegen Körperverletzung und wegen Beleidigung ein. Allerdings geht Staatsanwalt Stephan Parent von verminderter Schuldfähigkeit zur Tatzeit aus. Hinzu kommt noch eine Trunkenheitsfahrt am Vortag.
Seit dem Vorfall ist der Angeklagte vorläufig in der geschlossenen Psychiatrie Nette-Gut in Andernach untergebracht. Zu den Vorwürfen will er sich vor der Trierer Schwurgerichtskammer nicht äußern. Sehr weitläufig spricht er aber über sich. Er schildert eine düstere Kindheit, geprägt von Misshandlungen und rohen Erziehungsmethoden durch den Stiefvater, dem sexueller Missbrauch bei einem Pflegevater folgt. Durch das Kindheitstrauma sei er früh an den Alkohol geraten und nach Therapien wieder rückfällig geworden. Zur Biografie des Mannes zählen auch eine gescheiterte Ehe und eine weitere zerbrochene Partnerschaft.
Dies alles hat Spuren hinterlassen, die der psychiatrische Sachverständige Thomas Meyer als "kombinierte Persönlichkeitsstörung mit sozialen und paranoiden Anteilen" bezeichnet. Die Folge seien erhebliche Impulsstörungen, die durch Alkoholeinwirkung noch verstärkt würden. Laut Meyer geht von dem Mann eine hohe Gefahr für die Allgemeinheit aus. Eine ambulante Therapie reiche nicht aus. Auf dieser Grundlage und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beantragt Staatsanwalt Parent fünf Jahre Freiheitsstrafe mit Einweisung in die geschlossene Psychiatrie. Verteidiger Bernd Hoffmannn stellt den Grad der tatsächlichen Gefahr infrage, der die Polizeibeamten auf der Brücke ausgesetzt waren. Er beantragt drei Jahre Haft - einer Unterbringung in die Psychiatrie widerspricht er nicht.
Nach einer Stunde Beratung folgt das Urteil: fünf Jahre Freiheitsstrafe und Einweisung in die Klinik Nette-Gut. Dazu die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz: "Aufgrund seiner kindheitsbedingten Persönlichkeitsstörung ist der Angeklagte unfähig zur Konfliktbewältigung. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit von weiteren Straftaten. Eine Gefahr für die Allgemeinheit ist nicht auszuschließen."f.k.

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