Gesamtschule startet mit Himmelswünschen

Nach jahrelanger Planung hat am Montag Triers erste Gesamtschule ihre erste Klassenstufe aufgenommen. Das integrative Konzept führt Kinder aller Leistungsniveaus zu unterschiedlichen Abschlüssen.

 Bunte Luftballons steigen zur Eröffnung der Integrierten Gesamtschule auf dem Wolfsberg in den Himmel. TV-Foto: Friedemann Vetter

Bunte Luftballons steigen zur Eröffnung der Integrierten Gesamtschule auf dem Wolfsberg in den Himmel. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Einen kleinen Zettel hat James Sharkey an seinen Luftballon geknotet. "Ich wünsche mir, dass ich viele neue Freunde finde", steht darauf. Auch Patrick Fusenig erwartet viel von seinem neuen Lebensabschnitt, der am Montag mit der Einschulung in Triers neue Integrierte Gesamtschule (IGS) begonnen hat. "Ich freue mich auf gute Noten", sagt der Elfjährige, "die Lehrer, die ich bis jetzt kennengelernt habe, sind jedenfalls schon mal sehr nett." Wenig später tragen die Ballons die Wünsche der 111 Fünftklässler in den Himmel über dem Wolfsberg.

Damit ist auch das Oberzentrum Trier nicht mehr ohne Gesamtschule - nachdem die kleine Stadt Zell (Kreis Cochem-Zell) und die Gemeinde Morbach (Bernkastel-Wittlich) schon längst Gesamtschul-Standorte sind. Und auch Hermeskeil hat seit gestern eine.

"Unterschriftenlisten, mit denen Eltern eine Schule für alle forderten, gab es aber schon vor 20 Jahren in Trier", berichtete Peter Epp von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, der Landesschulbehörde, bei der Eröffnungsfeier in der Turnhalle des Schulzentrums. Hans Wunsch von der benachbarten Waldorfschule hatte vier Bücher als Geschenk mitgebracht: zwei für die Schüler-Bibliothek und zwei fürs Lehrerzimmer. "Mit durchaus auch kritischen Anmerkungen zur Gesamtschul-Pädagogik", betonte Wunsch. Die Anmerkung darf er sich erlauben, schließlich unterrichtet auch die Waldorfschule Kinder aller Leistungsniveaus in einer Klasse.

Mit dem Erich-Kästner-Zitat "Der Mensch soll lernen, und nur der Ochse büffeln", stimmte Marcus Häusler, Lehrer und pädagogischer Koordinator der IGS, auf das Lernkonzept ein. Projektbezogener und fächerübergreifender Unterricht, 27 unterschiedliche AGs am Nachmittag, Musik, Bewegung und das Voneinander-Lernen sind die Kernpunkte. So sollen die Kinder - von denen je ein Drittel eine Empfehlung fürs Gymnasium, für die Realschule oder für die Hauptschule hat und neun zuvor eine Fördergrundschule besucht haben - im Klassenverband individuell gefördert und zu Haupt- oder Realschulabschluss, Fachabitur oder Abitur geführt werden.

"Die Schule ist zwar keine Reparaturwerkstatt für gesellschaftliche Defizite, aber wir können helfen, diese auszubessern", sagte Schulleiter Linden. Statt dass die Stadt der Schule jeweils Geld für Unterrichtsmaterial oder die Reinigung des Gebäudes extra zuweise, wünscht sich Linden ein Gesamtbudget, über das die Schule selbst entscheiden kann. "Wenn wir dann Sparmöglichkeiten realisieren, könnten wir das Geld eigenverantwortlich für andere Dinge verwenden."

"Wir werden Millionen investieren müssen"



Der Appell galt nicht nur den Vertretern der Stadtratsfraktionen von CDU, SPD und FWG - FDP und Grüne hatten keine Vertreter gesandt -, sondern auch Triers Schuldezernentin, die den Stadtvorstand vertrat. "Es werden Millionen sein, die wir in den nächsten Jahren in den Um- und Ausbau der IGS investieren müssen", versprach Angelika Birk.

Viele Eltern schicken ihre Kinder ganz bewusst zur IGS. "Mein Sohn hat eine Empfehlung für die Realschule. Aber wenn das Potenzial da ist, kann er hier weiter bis zum Abitur machen", sagt Vater Dietmar Seiler. Die Noten von Jamel hätten direkt fürs Gymnasium gereicht. "Aber wir haben uns trotzdem für die IGS entschieden, das Konzept hier ist so vielseitig, dass die Kinder sich besser entfalten können", erklärt seine Mutter Carmen Gazzah. "Und der Leistungsdruck wird hier auch nicht so groß sein wie an einem Gymnasium."

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