Gesamtschule will Schach auf dem Stundenplan

Trier · Schach als Schulfach? An der Integrierten Gesamtschule auf dem Trierer Wolfsberg könnte der Denksport im kommenden Jahr auf dem Lehrplan stehen. Das wäre eine Premiere in Rheinland-Pfalz.

Logisches Denken. Probleme erkennen, benennen und lösen. Sich in andere Menschen hineinversetzen: Dass man beim Schachspielen eine Menge lernen kann, liegt für Bernd Mallmann, Lehrer an der Integrierten Gesamtschule (IGS) Trier klar auf der Hand. Der engagierte Pädagoge, der selber in seiner Freizeit viel Schach spielt, hat darum an der IGS sowie an der Realschule plus Arbeitsgemeinschaften rund um den Denksport eingerichtet. Rund 30 Kinder treffen sich wöchentlich, um ihre Könige, Damen, Springer und Läufer gegeneinander antreten zu lassen.

Antrag ist beim Ministerium eingegangen



"Ich kann mir selbst nicht wirklich erklären, warum die Kinder so verrückt nach Schach sind", sagt Mallmann. Doch der Lehrer will mehr aus dem Schachspiel machen - er will es als Wahlpflichtfach in den Lehrplan der IGS aufnehmen. Jeweils ein Wahlpflichtfach, beispielsweise Französisch als zweite Fremdsprache oder eine Naturwissenschaft, müssen die Schüler in den Jahrgängen sieben bis zehn belegen. Mit Klassenarbeiten, berufsbezogenen Modulen und Gesundheitserziehung, wie es auch bei anderen Sportarten üblich ist, soll Schach drei bis fünf Stunden pro Woche unterrichtet werden. Ein entsprechender Antrag ist bereits beim Mainzer Schulministerium eingegangen.

Schach als Schulfach - das wünscht sich Mallmann nicht, um den Spieltrieb der Schüler zu fördern. Die Olewiger Schulschachstudie (siehe Extra) zeige, dass regelmäßiges Schachspielen unter anderem die Konzentration verbessere. "Ich bin davon überzeugt, dass die Kinder auch in anderen Schulfächern profitieren werden."

Mindestens zwei Lehrer sollen Schach unterrichten

 Denksport-Fans: Lukas Baumann (10 Jahre), Jens Schmitt (11 Jahre), Lukas Schmitz (10 Jahre) und Simon Metzler (11 Jahre) besuchen die Schach-AG der Integrierten Gesamtschule in Trier. TV-Foto: Sarah-Lena Gombert

Denksport-Fans: Lukas Baumann (10 Jahre), Jens Schmitt (11 Jahre), Lukas Schmitz (10 Jahre) und Simon Metzler (11 Jahre) besuchen die Schach-AG der Integrierten Gesamtschule in Trier. TV-Foto: Sarah-Lena Gombert



"Zurzeit befasst sich unsere Fachabteilung Integrierte Gesamtschule mit dem Antrag von Herrn Mallmann", bestätigt Wolf-Jürgen Karle, Sprecher des Ministeriums. Damit die Spezialisten in Mainz das Schulfach genehmigen, müssen einige Kriterien erfüllt werden. "Es müssen an der Schule mindestens zwei Lehrer zur Verfügung stehen, die das Fach unterrichten können", erklärt Karle. Darüber hinaus müsse der Lehrplan für die kompletten Jahrgangsstufen sieben bis zehn fertig vorliegen. "Außerdem müssen Leistungsnachweise, zum Beispiel Klassenarbeiten oder Klausuren erbracht werden."

Damit die Kinder auch kompetent in Schach unterrichtet werden, möchte Mallmann, dass alle Fachlehrer einen C-Trainerschein für Schach machen. Das bedeutet, dass sie nicht nur die Regeln kennen, sondern auch Spielkompetenz vorweisen müssen.

Eine Entscheidung darüber, ob an der IGS in Zukunft Schach unterrichtet werden kann, erwarten Schulleiter Josef Linden und Bernd Mallmann erst dann, wenn das komplette Paket für den Wahlpflichtbereich des kommenden Schuljahrs feststeht.

Unter den Schülern seiner Schach-AG findet die Idee, den Denksport in den regulären Unterricht aufzunehmen, großen Anklang. Woche für Woche treffen sie sich im Schach-Raum der Schule. "Schach macht unglaublich viel Spaß! Ich habe das schon in der Grundschule gespielt und bin froh, dass das nun auch an der Schule angeboten wird", sagt der 11-jährige Jens Schmitt. Es sei einfach klasse, dass man dabei soviel knobeln müsse. Und sein Klassenkamerad Lukas Baumann ergänzt: "Mit gefällt die Zeit in der Schach-AG sehr gut." Er sei auf das Spiel aufmerksam geworden, weil seine Freunde so begeistert davon erzählt haben. Dann hat ihn selbst die Leidenschaft für das schwarz-weiß karierte Spielbrett gepackt. Ähnlich geht es seinem Freund Lukas Baumann: "Ich habe zuerst gedacht, dass Schach total langweilig ist. Aber das stimmt gar nicht!" Auch Simon Metzler spielt gerne in der Schach-AG: "Ich hab gleich beim ersten Spiel gemerkt, wie gut mir das gefällt."

So sehr er sich auch für sein ehrgeiziges Projekt ins Zeug legt - ein paar Zweifel hat Bernd Mallmann doch: "Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, dass Mainz das Fach genehmigen wird." Und selbst wenn aus der Landeshauptstadt grünes Licht kommt: "Ich schätze auch, dass ich noch bei den Eltern Überzeugungsarbeit leisten muss." Er könne sich gut vorstellen, dass viele Wert darauf legen, dass ihre Kinder eher eine zweite Fremdsprache, also Französisch, lernen.Extra Das Zentrum für Psychologische Diagnostik, Begutachtung und Evaluation der Universität Trier hat in den Jahren 2003 bis 2007 an der Grundschule Trier-Olewig die sogenannte Olewiger Schulschachstudie durchgeführt. Vier Jahre lang wurde Schach für eine Stunde pro Woche in den Stundenplan aufgenommen und dafür eine Stunde Mathematik gestrichen. Die Wissenschaftler der Universität Trier stellten im Studienverlauf eine Verbesserung des Wahrnehmungsvermögens sowie der Konzentration bei den Kindern fest, ebenso Intelligenzanstieg und höhere Werte in Leistungsmotivation und Sozialkompetenz. (slg)

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