Geschichte und den Menschen entdecken

Der Georg Meistermann-Preis der Stiftung Stadt Wittlich wurde Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, am gestrigen Sonntag von Dr. Hans Friderichs und Bürgermeister Ralf Bußmer in der ehemaligen Synagoge in Wittlich verliehen.

Wittlich. Wassergleich perlten die Klänge des Flügels, stürzten dramatisch, ruhten wie ein See: Dr. Jascha Nemtsovs Musik stimmte auf eine abwechslungsreiche besondere Feier ein, zu der Bürgermeister Ralf Bußmer 150 Gäste begrüßte. Die Laudatio hielt Dr. Johannes Gerster, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Er würdigte die erste Frau an der Spitze des Zentralrates der Juden in Deutschland als "kraftvoll, prägend, glaubwürdig". Zwar gingen deren Mahnungen "manchen Leuten und nicht nur Antisemiten manches Mal auf die Nerven", aber das zeige, "dass wir die Ermahnungen sehr wohl gebrauchen können". So schlug er den Bogen zu Georg Meistermann, der "unerschrocken für Demokratie und Meinungsfreiheit in der Zeit der Unfreiheit" eingetreten sei. Zuvor hatte auch Bürgermeister Ralf Bußmer an den Namensgeber des Preises erinnert und die besondere Ehre und Freude betont, dass Charlotte Knobloch die Ehrung entgegennehme. Dr. Hans Friderichs erinnerte aus eigenem Erleben an Wittlichs Schwierigkeiten mit Meistermanns Kunst, etwa dass mancher das zentrale Fenster von St. Markus lieber im Hallenbad gesehen hätte, und ließ die Geschichte der Synagoge ebenfalls von persönlicher Erfahrung getragen Revue passieren.Die Ausgezeichnete selbst betonte, es sei wichtig, dass sich das Wissen über das Judentum in Deutschland nicht nur auf den Holocaust beschränke: "Wenn es gelingt, zu vermitteln, dass dieses Land ohne sein Judentum nicht denkbar ist, und erkannt wird, dass wir dazu gehören und integraler Bestandteil der deutschen Geschichte waren und Gott sei Dank wieder sind", so Charlotte Knobloch, sei man einen großen Schritt vorangekommen. Sie appellierte, aufeinander zuzugehen, sich kennenzulernen, um im Dialog zu erleben, dass der vermeintlich Fremde nicht viel anders als man selbst sei. Zwar gebe es Differenzen, die müsse man aushalten und damit umgehen lernen, solange sich Unterschiede in den Grenzen der Demokratie bewegten. "Anything goes" dagegen könne keine Haltung sein, denn man müsse auch fragen, wo die Grenzen des zu Tolerierenden lägen. Ihrer Ansprache folgte großer, warmer Applaus. Die Geehrte stellt die 10 000 Euro Preisgeld dem Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden an der Universität Trier und dem Emil-Frank-Institut zur Verfügung.

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