Geschlechts- umwandlung

Etwas Spritzigeres als das Folgende ist mir zum heutigen Thema Geschlechtsumwandlung leider nicht eingefallen. Grammatik war immer schon trocken, aber sie muss sein!Im Französischen ist die Butter männlich (le beurre) und der Salat ist weiblich (la salade).

Geschlechts- umwandlung
Foto: (h_lalu )

Sollte es auf französischen Einfluss zurückgehen, dass auch in der Trierischen Mundart früher dä Bodder und die Zalaod gesagt wurde? Ich erinnere mich gut daran, dass meine Großmutter noch so sprach. Heute heißt es bei uns, genau wie im Hochdeutschen, die Bodder und dän Zalaod.
Ob Dinge männlichen, weiblichen oder sächlichen Geschlechtes sind, ob sie also mit dem Artikel der, die oder das herumlaufen, ist mehr oder weniger Zufall. Nur bei Lebewesen, die entweder nur männlich oder weiblich sein können, ist das ja schon klar, sollte man meinen: männlich der, weiblich die. Warum es nun aber das Fräulein heißt, wo es sich dabei doch zweifelsfrei um ein weibliches Wesen und nicht um eine Sache handelt, ist nur schwer zu erklären.
In unserer Mundart heißt es dagegen richtig die Fräulein, und damit erweisen sich die Trierer als echte Frauenversteher.
Aber ganz konsequent sind sie doch auch wieder nicht, denn andererseits ordnen sie Frauen unter Sachen ein, wenn sie mit dem Vornamen genannt werden: Datt Änni haott geheiraot, ett Trina öss vo seim Maan wägg. (Anna hat geheiratet, Katharina hat sich von ihrem Mann getrennt.)
In Trier werden bei Gegenständen die Artikel der, die und das schon mal nach eigenen Regeln verteilt, und es gibt manche Unterschiede zum Hochdeutschen: Die Socke, die Jacke und die Joppe sind im Hochdeutschen weiblichen Geschlechts, im Trierischen sind sie männlich: dä Soggen, dä Jaggen und dä Jubben. Aus dem männlichen der Topf wird datt Döbben, aus einem dicken Brett, das die Bohle heißt, wird dä Boolen, und das Dach wird zu dän Daoren.
Der hochdeutsche Platz kann im Trierischen, je nach seiner sprachlichen Verwendung, männlich (dä Plaaz) oder weiblich (die Plaaz) sein. Hei öss e Plaaz fir ze pargken! (Hier ist ein Platz zum Parken!) An deiner Plaaz died eisch de Schnöss haalen! (An deiner Stelle würde ich schweigen!) Zweigeschlechtlich ist auch der Bach, zum Beispiel sind die Biewerbaach und die Wewerbaach (Biewerbach/Weberbach) weiblich, weil ein bestimmter Bach gemeint ist. Männlich ist der Bach, wenn es sich um einen beliebigen Bach handelt: Keer de Baach nött erönn! (wörtl. Schütte den Bach nicht hinein!, sinngemäß: Übertreibe es nicht!) Gleiches gilt für den Felsen (die Fölls/dä Fölls): Die Dögg Fölls hönner em Käsdebärsch (der sogenannte Dicke Felsen an der B 51 hinter dem Kestenberg), dä ruude Fölls iewer em Aurescheiner (der rote Felsen über der Weinlage Augenscheiner zwischen Pallien und Biewer).
Nächstes Mal wird's wieder unterhaltsamer!
Horst Schmitt ist Autor des Trierer Wörterbuchs, das im Trier-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich ist. Gemeinsam mit Josef Marx hat er über 10 000 Stichwörter in Hochdeutsch-Trierisch und Trierisch-Hochdeutsch zusammengetragen.

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