Geschlossene Gesellschaft für einen Tag

SAARBURG/TRIER. Die niedergelassenen Ärzte in Saarburg folgten gestern geschlossen dem landesweiten Protest-Aufruf und ließen ihre Praxen zu. Ein Bereitschaftsdienst gewährleistete jedoch, dass Notfälle versorgt wurden. In Trier arbeiteten viele mit reduziertem Personal.

Für Matthias Hild, niedergelassener Internist in Saarburg, war gestern - beinahe - ein Tag wie jeder andere. Anders als seine 23 Kollegen aller Fachrichtungen öffnete Hild am Montag seine Praxis. "Leider", wie er gegenüber dem TV erklärte. "Ich wäre gerne bei der Kollegen-Besprechung im Krankenhaus dabei, weil ich die Protestaktion voll unterstütze. Aber wir müssen dafür sorgen, dass über den ganzen Tag ein Notdienst für unsere Patienten eingerichtet ist." Gestern Abend übernahm ein Kollege Hilds die Bereitschaft. Etwa 20 Patienten seien bis 10 Uhr in Hilds Praxis gekommen, in der an diesem Tag nur Notfälle behandelt wurden. Sie, wie alle Übrigen, denen die Helferinnen in den vergangenen Tagen ihre gestrigen Termine abgesagt haben, hätten gelassen reagiert. "Die Leute nehmen das ohne zu murren hin", hat nicht allein Matthias Hild festgestellt. "Die Patienten zeigen Verständnis, unterstützen uns sogar", erklärte auch Unfallchirurg Dr. Rolf Theiß. Sein Kollege Dr. Theo Reichling, Orthopäde in Saarburg, meinte gestern: "Ich habe in meiner Praxis eine Unterschriftenliste ausgelegt, auf der sehr viele Patienten bereits unterschrieben haben." Im Kreiskrankenhaus St. Franziskus in Saarburg trafen sich gestern Morgen die niedergelassenen Mediziner Saarburgs und "übten sich in Ärzteprotest". "So etwas hat es hier in der Region noch nicht gegeben, und es ist sensationell, dass wir eine solche Geschlossenheit hinbekommen haben", sagte Allgemeinmediziner Dr. Richard Bauer. Zwei Kollegen seien zwar nicht zur Versammlung gekommen, unterstützten die Aktion jedoch. Auch die Mediziner aus dem Krankenhaus stünden hinter ihren "niedergelassenen Kollegen", versicherte Dr. Stefan Burg, Ärztlicher Direktor. "Auch wenn in unserem Haus heute normal gearbeitet wird." Ursprünglich sei überlegt worden, am gestrigen landesweiten Aktionstag die Praxen mit reduziertem Personal geöffnet zu halten, berichtete Richard Bauer. "Die Mehrheit der Ärzte fand aber, das sei nur eine halbe Sache und es sei unglücklich, zwischen Not- und Grenzfällen zu differenzieren." So saß die versammelte Saarburger Ärzteschaft gestern zusammen und machte ihrem Frust Luft. "Ich mache meinen Job seit 32 Jahren, und wir haben uns ständig auf neue Forderungen der Politik einstellen müssen", sagte Dr. Hans-Michael Wagner. "Was aber derzeit abläuft und für die Zukunft geplant ist, bringt das Fass zum Überlaufen." Das Klischee vom Porsche fahrenden und Golf spielenden "Halbgott in Weiß" sei mehr als überholt. "Realität ist, dass ich drei Angestellte entlassen und die Praxis nur noch an vier Tagen in der Woche geöffnet haben werde, um einen Tag für den Bürokratieaufwand zu haben", erklärte Dr. Theo Reichling. Um Verständnis bei den Patienten warb gestern auch die Trierer Ärzteschaft. Viele Mediziner waren zwar am Protesttag für ihre Patienten da, arbeiteten jedoch mit reduziertem Personal. "So können wir unseren Patienten ein realistisches Bild von der künftigen Entwicklung aufzeichnen", erklärte Allgemeinarzt Dr. Friedl Schulz. Haben Sie Verständnis für den Protest der Ärzte? Schreiben Sie uns: Ihre Zuschrift sollte maximal 30 Zeilen à 30 Anschläge lang sein und bis heute, 14 Uhr, vorliegen. echo@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort